Autor Thema: Wachsen oder Weichen?  (Gelesen 47917 mal)

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Offline Mirjam

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Re: Wachsen oder Weichen?
« Antwort #45 am: 08.06.05, 20:10 »

Hallo,

um seinen Gewinn bei sinkenen Erlösen zu steigern, gibts 3 Möglichkeiten

- ich steigere den Absatz d.h. viele kleine Gewinne ergeben einen Mehr-Gewinn bzw.  (Wachstum Quantität)
- ich steigere meine Efffizienz: Mit den gegebenen Mitteln/Kosten ein möglichst hohes Ziel erreichen (Maximalprinzip)
- ich versuche ein Ziel mit möglichst wenig Aufwand zu erreichen, d.h. Kostensenkung (Minimalprinzip)

Ich denke, bei allen 3 Ansätzen gibt in Bayern schlichtweg das Problem, dass in diesem einen Bundesland 1/4 der deutschen Kühe stehen bei ~ 200 % Überproduktion  ::), d.h. Wachstum (Pachtverfügbarkeit, VE, DE) wie auch Kostensenkung (Struktur, Pachtpreise) sind beschränkt, weil einfach zu viele Nachfrager da sind.

 und das es die einzige Option bzgl. Zukunftsbetriebe ist, dass durch Weichen der einen Resourcen für andere frei werden, denn im Wettkampf um die Flächen sind ja auch noch ein paar Acker, Biogas, Schweine, Geflügel usw. Bauern mit drin.

Was ich bei der Frage um das Nachhausekommen der Jungen sehr interessant finde (und deswegen bleibe ich gerne bei der Diskussion) ist, dass sich die Fragestellungen in den letzten 10 Jahren sehr verändert haben:

- ich erlebe gerade junge Betriebsleiter, die NICHT wachsen wollen, eher Extensivieren /Aufgeben für mehr Lebensqualität und es damit zu Unverständnis kommt

- dass es oft schon "mittelalte" Generationen so "satt" haben, dass sie möglichst schnell die Betriebsverantwortung abgegeben und sich in ihre Interessen zurückziehen möchten und die jungen damit überfordert sind
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Zu der Frage, in wie weit die Schulen Herzens- und Seelenbildung. Hab ich mir lang Gedanken gemacht, bin ich auch ziemlich engagiert in diesem Bereich, ABER:


                                                    Ist das nicht der Job der Eltern?

Wenn die Jugend diese nicht zur Genüge hat - was ist ihnen dann auf den Höfen 15, 20 Jahre lang vorgelebt worden?
Verhaltensmuster - insbesondere ererbte /geprägte - interessieren mich sehr, ich denke nicht, dass eine Schule ausradieren kann oder dass sie oder die Schüler neben dem vollgepackten Unterricht dafür genug Luft haben?

Kann eine Schule die "nicht-vorhandene Herzensbildung" dann in einem 2-Jahres-Crash-Kurs nachholen oder tw. wiedergutmachen was so manche Kinder auf den Höfen durchmachten?

Müßte man dann nicht an die Ursachen gehen und (zumindest auch!) die Eltern schulen? Würden sie das einsehen, wo doch mancherorts immer noch das leben um zu arbeiten Prinzip oberstes Gebot ist?

viele Grüsse

Mirjam



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Mathilde

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Re: Wachsen oder Weichen?
« Antwort #46 am: 08.06.05, 22:04 »
Hallo,

ich will hier wirklich keinen Junglandwirt niedermachen und ich meinte auch nicht diejenigen die aus der LW kommen und sich wirklich für die LW einsetzen. Habe auch schon gute Erfahrungen mit einem Berater gemacht,
menschlich meine ich, in einer Extremsituation  ;) aber was er mir nachher als Hilfe geschickt hat  :o :-X
Wenn ein Kontrolleur von LW eine Ahnung hat ist das auch nicht schlecht ich meinte eher die weichenden Erben die es dann nachher mit LW immer sooooooooooooooo gut meinen. Man kann immer etwas in einen Beitrag hineindeuteln.

Wir sind z.B. "gewichen" um zu "wachsen" und die Betriebe am Ort haben aufgeatmet wie es wieder Land zu pachten gab aber schon wieder sind davon mindestens 20 ha verbaut  :o ::) (Habe aber keinen Acker da drin  8))

Aber zu welchem Preis sind wir gewachsen  ::)
Heute haben wir einen Betrieb der solide da steht aber Hofnachfolger  :-\
Für unsere Kinder war es jedenfalls in einer entscheidenden Phase Ihres Lebens nicht förderlich uns so arbeiten zu sehen.  Andy da war mit Freizeit und gemeinsamer Gestaltung mit den Eltern nichts mehr drin  :'( Ich habe die Quadratur des Kreises versucht aber das sind meine Erfahrungen und das ist eigentlich schon ein bisschen zuviel von uns was ich da preis gegeben habe  :-X

LG Mathilde

Offline Doro

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Re: Wachsen oder Weichen?
« Antwort #47 am: 09.06.05, 07:06 »
Hallo,

Wachsen oder Weichen= DORFKANIBALISMUS! Einer frißt den anderen!
Es grüßt Doro

,,Leben ist nicht genug", sagte der Schmetterling. ,,Sonnenschein, Freiheit und eine kleine Blume muss man haben".

Mathilde

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Re: Wachsen oder Weichen?
« Antwort #48 am: 09.06.05, 08:06 »
Hallo Maria,

ich meinte damit nicht unsere eigene Arbeitbelastung - dafür sind wir selbst verantwortlich und ich habe das auch gerne gemacht.
Meine Frage ist ob wir uns zu lasten der Kinder für einen zukunftsfähigen Betrieb (wie der auch immer aussehen mag) für die Kinder  selbstverwirklichen dürfen  ::)

LG Mathilde

Offline Susanna

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Re: Wachsen oder Weichen?
« Antwort #49 am: 09.06.05, 08:11 »
Mathilde, deinen letzten Satz verstehe ich nicht. Kannst du mal kurz erklären, wie du das meinst?

Doro, na ja, das ist in anderen Branchen auch so. Da schließt man sich auch zusammen oder hört auf und ein anderer macht weiter. Das Unternehmen, in dem ich arbeite, hat 5 Tochterunternehmen, die müssen alle machen, was wir vorschreiben. Ist auch nicht schön für die.
Viele Grüße
Susanna

Offline Susanna

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Re: Wachsen oder Weichen?
« Antwort #50 am: 09.06.05, 09:28 »
Maria, wie wahr ....
Ich habe ja geschrieben, schön ist das nicht - vor allem nicht für die "Geschluckten".

Unterschiede gab es immer und wird es immer geben - leider, leider :(
Viele Grüße
Susanna

Mathilde

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Re: Wachsen oder Weichen?
« Antwort #51 am: 09.06.05, 10:07 »
hallo Susanna,

ich kann Dir das ganz genau erklären wie ich das meine.
Wir haben durch Hofübergabe einen landwirtschaftlichen Betrieb bekommen den ich immer als Generationenverpflichtung gesehen habe obwohl ich Eltern habe die nichts mit LW zu tun hatten.
Nun war dieser Betrieb aber nicht gerade mein Traum mit Innerortslage und Feldern auf 3 Gemarkungen und über 300 Parzellen und vielen Streuobstwiesen.
Da schon damals nach dem Tod meines SV  :( die Arbeitsbelastung für mich sehr stark angewachsen war haben mein M und ich uns entschieden für die Kinder (2 Jungs  2 Mädels) uns nach einem anderen Hof umzusehen da uns das Aussiedeln auf eine unserer Flächen untersagt wurde (heute stehen dort Ställe und Scheunen von Kollegen  >:( :o).
Da dies ein Aufbaubetrieb war (ehem Volksgut total heruntergewirtschaftet aber schöne Flächen) blieb wiederum für die Kinder kaum Zeit.
Ich war ein einziges mal mit den Kindern im Freibad.
War zu keinem einzigen Fußballspiel unseres angedachten Hofnachfolgers
Wenn unsere ältere Tochter reiten wollte dann hat sie mir das geputzte und gesattelte Pferd vor die Haustür gebracht.
Ich war zu keiner schulischen Veranstaltung von unserer älteren Tochter wo sie so manchen Auftritt hatte  :'(
da stand ich im völlig veralteten Melkstand und habe meine Kühe verflucht  ::)
Heute ist auf diesem Betrieb die modernste Technik, ich kann bei unserer jüngsten in Ruhe Kaffetrinken und sie für die Schule vorbereiten (damit meine ich nicht anziehen oder Mappe richten sonder Ruhe und Gelassenheit ausstrahlen und ein Ohr für Sie haben) denn im Stall melken die MR und die Misslungen warten gerne bis 6.45 da fährt nämlich der Schulbus.
Kann man da nachvollziehen dass unsere Älteste schreit " Ich hasse Kühe"

Noch mehr  ???

LG Mathilde

Offline Doro

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Re: Wachsen oder Weichen?
« Antwort #52 am: 09.06.05, 10:54 »
MR ist wohl ein Melkroboter!
Es grüßt Doro

,,Leben ist nicht genug", sagte der Schmetterling. ,,Sonnenschein, Freiheit und eine kleine Blume muss man haben".

Offline Mirjam

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Re: Wachsen oder Weichen?
« Antwort #53 am: 09.06.05, 11:02 »


Hallo Mathilde,


ich kann dich gut verstehen: Das schlimmste Wort das es für Kinder gibt ist wohl: "Gleich..."


Mirjam
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Offline Biobauer

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Re: Wachsen oder Weichen?
« Antwort #54 am: 09.06.05, 15:31 »
Hallo,
genau aus diesem grund habe ich betriebklich zurückgesteckt ,in unserer glanzzeit hatten wir 40 kühe ,400 schweine ,und fast 500 ha fläche ,jetzt nur noch 300 ha acker und sonst nichts.sicher hatten wir damals einen fremdarbeiter ,aber allein für den musste mindestes 100 ha umtreiben und ich glaub das ich seitdem wesentlich ruhiger lebe,arbeitsspitzen kann man immer noch schnell brechen mit aushilfskräften. nutzniesser davon warn aber hauptsächlich meine frau und vor allem meine kinder,wir unternehmen recht viel zusammen udn ich hab auch fast imme rzeit für sie ,wenns aber mal brennt helfen sie auch alle tatkräftig mit.ich glaube so is es einfach besser ,man lebt schlieslich nur einmal und wie schnell geht es und die kinder sind aus dem haus.
ich muss jedenfalls nicht mehr jeden qm acker haben ,solln die andern sich mal austoben.

servus Herbert
Streite dich nie mit einem Idioten, er zieht dich auf sein Niveau herunter und schlägt dich mit Erfahrung. (Bob Smith, 1962

andyH

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Re: Wachsen oder Weichen?
« Antwort #55 am: 09.06.05, 17:16 »
Auweia. Da hat sich seit gestern ja einiges getan in der Box. Musste gerade mal eine halbe Stunde nachlesen was ihr so fleißig geschrieben habt, damit ich den Faden nicht verliere.

So wie ich das jetzt nach dem kurzen Überflug sehe kann ich mal kurz zusammenfassen:

- Wachsen aber nicht um jeden Preis
- es wird sehr viel wert von allen auf Familie und Freizeit gelegt
- es wird beklagt dass das Wachsen so Arbeits- und Kapitalintensiv ist
- Die gewichenen sind meistens die schlimmsten "Berater" (mal ganz salop gesagt)
- Wachsen und weichen fördert nicht gerade das ländliche Bild, die Dorfgemeinschaft
- Die Landwirtschaft wird durch den Schwund der Beschäftigten immer unbedeutender
- Der übliche Generationskonflikt wirkt sich noch mehr aus

Denke mal dass das den Nagel so auf den Kopf trifft. (Wer will kann ja noch ergänzen)

Also ob man wirklich schon ausgewachsen ist muss wohl jeder alleine für sich wissen. Man kann es nicht wie schon gesagt an X-ha festmachen. Da habt ihr recht. Aber ich hab wirklich kein Mitleid wenn (auch bei mir in der Verwandschaft) Landwirte nur noch Jammern weil keine Zeit und nur noch Arbeit. Ja dann macht was dagegen! Wo bleibt der normale Menschenverstand  ???

Zum Thema Kapitalintensiv: Was ist Humankapital Mirjam? Ist mir in meiner Ausbilung noch nie untergekommen. Scheinbar bekommen wir in BWL doch nicht alles mit  ;) Hört sich zumindest unsozial an.

Was ist den Kapitalintensiv? Die Futtermittel? Werden mit dern nächsten Milchgeldabrechnung wieder Wett gemacht (oder Schweineabrechnung). Der größte Batzen sind doch Gebäude- und Maschinenkosten die auf Jahre hinweg vorausbezahlt wurden. Das schadet ziemlich der Liquidität. Um die Gebäude kommen wir nicht herum - da geht es nur noch billiger. Haben halt mal keine Neuseeländisches Klima. Aber was ist mit den Maschinen. Für mich immer ein notwendiges Übel. Aber solange es noch Landwirte gibt die Spass daran haben auf nem großen Schlepper zu sitzen - nur her damit. Ich würde noch mehr als die Silageernte vergeben. Da konnten wir auf unserem Betrieb in den letzten Jahren das meiste Geld einsparen und haben noch an Lebensqualität gewonnen. Es ist ganz schön den Leuten nach getaner Stallarbeit beim Silofahren auf der "Füllabank" zuzusehen. Mag den einen oder oder anderen jetzt verwunden, aber bei uns ist es halt mal so. Wir decken dann noch zu und das wars dann wieder. Vor 15 Jahren hatten wir noch mehr Stress. Da haben wir gemeint alles Selber zu machen kommt billiger - Ja, aber wo ist die Lebensqualität - und die lass ich mir dann auch mal was kosten.

Was ich natürlich daheim auch merke, bin ja nicht auf beiden Augen blind. Mein Vater halt mit seinen 53 Jahren halt auch nicht mehr den Elan wie ich mit 23. Ganz klar. Aber ein versteh ich dann halt auch nicht. Warum kann man dann keine Verantwortung abgeben? Ist das bei euch auch so? Wie macht ihr es mit euren Jungs/Mädels? Würde ja ganz gern mehr machen, aber darf entweder nicht oder man kanns keinem Recht machen  :-\

O.K. das war jetzt genug Privates. Das ist ein Thema das wahrscheinlich unermüdlich ist. Und wir werden da bestimmt auf keinen Nenner kommen. Aber war und ist schön mit euch zu diskutieren.

also machts noch gut.
gruss andy

Offline Mirjam

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Re: Wachsen oder Weichen?
« Antwort #56 am: 09.06.05, 17:22 »

Hallo Andy

Humankapital = human resources, dass erfährst du spätestens am 30.11.2005  ;D 8) ;)

Mirjam
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rambazambahuber

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Re: Wachsen oder Weichen?
« Antwort #57 am: 09.06.05, 21:05 »

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Unser Sohn ist jetzt im 2. Lehrjahr und mit sehr viel Freude und Ehrgeiz dabei.
Aber wir - mein Mann und ich - fragen uns, ob es sich lohnt - in jeder Beziehung!

unser sohn hat vor kurzem den meister gemacht - und noch immer mit viel freude und ehrgeiz -

doch wir fragen uns oft dasselbe.....
Hallo Maggi, da ist dir ein Fehler unterlaufen. Das Zitat ist nicht von mir. Ich bin nämlich der Meinung, dass die Ausbildung genau das Richtige ist für unseren Sohn.
LG Regina

rambazambahuber

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Re: Wachsen oder Weichen?
« Antwort #58 am: 09.06.05, 21:20 »
Hallo,
natürlich ist es Aufgabe der Eltern ihren Kindern Herzensbildung mitzugeben und das schon in frühester Kindheit. Das ist doch nicht Aufgabe der Landwirtschaftsschulen. Entweder sie haben es von daheim mitbekommen.....in der Landwirtschaftsschule ist es nicht Aufgabe der Lehrer.... und außerdem zu spät.
Wenn ich den Freundeskreis meines Sohnes so anschaue, Mary, wird es mir um die Herzensbildung nicht bange.
Wo fehlt es in eurem Bekanntenkreis? Wie wirkt sich das aus?
LG Regina

Mathilde

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Re: Wachsen oder Weichen?
« Antwort #59 am: 10.06.05, 08:02 »
Hallo Maria,

zu Deinem vorletzten Beitrag über die Berater muss ich Dir leider Widersprechen. Ich denke es kommt wirklich auf den Menschen im Berater an um mal ein Beispiel aus meinem Lieblingssport zu bringen:

Es gibt hervorragende Ausbilder die noch nie selbst auf einem Pferd gesessen haben und tolle Reiter die nie verstanden haben wie man das vermittelt.

Menschenkenntnis sollte auch ein lw. Berater haben denn sonst geht die beste  Beratung in die "Hose"

Der Berater will Dir Wege aufzeigen ob und wie Du denen folgst ist Deine Sache
Wir selber haben keinen Berater aber wir "zahlen" auch für unsere eigenen Fehler. Sicherlich könnten wir manches besser machen da hatten wir eigentlich mit so einer Ausbildung unseres Sohnes wie sie Andy hat gerechnet  ::)

LG Mathilde