Hallo zusammen,
obwohl ich nicht vom Hof komme, wollte ich immer Landwirtin werden. Nach der 10. Klasse habe ich mit der Ausbildung angefangen. Wie zu DDR-Zeiten üblich suchte ich mir einen Ausbildungsbetrieb, der die Ausbildung bezahlt. Die Lehre selbst lief zentral ab, d.h. Internat, 2-Mann-Zimmer, 14 Tage Schule (Berufsausbildung mit Abitur in drei Jahren) und 14 Tage Stall (Rinder, Schweine, Geflügel, melken, füttern, etc.) und viel Spaß
. Leider musste mein Ausbildungsbetrieb dann in der Wendezeit Konkurs anmelden. Also Ende der Ausbildung und erstmal Abi machen
. Danach habe ich mich wieder um eine Lehrstelle bemüht, allerdings hieß es in den NBL dann: "Das ist für Mädchen viel zu schwer. Wir wollen nur Jungs." Das konnte mich allerdings nicht einschüchtern. Ich habe mir eine Ausbilderliste von der LWK OL zukommen lassen und nach drei Telefonaten hatte ich meine Lehrbetriebe fürs erste und zweite Jahr. Das erste Jahr war echt super: Milchvieh (Umstellung von Anbindung auf Boxenlaufstall), Bullen, Sauen und Mast, also von allem etwas. Für einen Neuling wie mich absolut ideal. Chef hatte zwar erst Bedenken, nicht weil ich ein Mädchen war, sondern weil ich Abitur hatte
. Es ist aber super gelaufen. Der Familienanschluss war toll: Zwei Mädchen in meinem Alter und noch zwei (damals) kleine Kinder. Mein Ausbilder hat alles toll erklärt und auch die Nerven behalten, wenn etwas schief lief (Frontladerschaufel gegen die Mauer, Spüllleitung im vollen Milchtank etc., war trotzdem weniger Bruch als bei den männlichen Lehrlingen vorher). Das Verhältnis ist heute noch gut. Alle Lehrlinge kommen immer wieder gerne auf den Hof, zu Geburtstagen, 100.000-Liter-Kuh-Feiern usw. Auch der Anhang ist gerne gesehen.
Das zweite Jahr sollte auf einem Pferdebetrieb sein (4 Deckhengste, Junghengste zur Ausbildung, Schafe, Bullen). Die Betreuung war echt schlecht: Der Senior hat Pferde verkauft, Junior war nur auf seiner Farm im Osten und ich stand alleine da
. Ich konnte keinen Zugang zu den Pferden finden und irgendwann hatte ich nur noch Angst vor den Tieren (hat sich bis heute nicht geändert). Das haben die natürlich gemerkt und es wurde nur noch schlimmer. Nach 2 Monaten habe ich die Segel gestrichen und bin zu einem Direktvermarkter gewechselt (Kartoffeln, Spargel, Erdbeeren, Wurst von eigenen Schweinen, Bullenmast). Hier lief es dann wieder toll. Ich bin da zwar nicht ganz so oft, aber wir verstehen uns immer noch prima. Super war hier die Vorbereitung auf die Abschlussprüfung, Chef war schließlich im Prüfungsausschuss
.
Ich fand es gut, dass ich in so viele Bereiche schnuppern konnte. Das war sicher auch einfacher, weil ich keinen Betrieb zu Hause habe. ich kann es aber jedem empfehlen - so viel mitnehmen wie möglich (manchmal ergeben sich ja auch neue Ansätze für den eigenen Betrieb) und Kontakte pflegen. Das und die vielfältige Ausbildung kommen mir heute bei meiner Arbeit für die Fachpresse echt entgegen
. Fazit: Ich würde die Ausbildung immer wieder machen. Wo lernt man so viele Sachen aus verschiedenen Bereichen (z.B. Melken, Schweißen, Verkaufen). Allerdings würde ich mir heute noch mehr Informationen über die Betriebe holen, denn der gute oder schlechte Ruf eilt denen schon voraus.