Autor Thema: Auf der Alp ... ist vieles anders?  (Gelesen 21365 mal)

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Offline MirjamTopic starter

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Auf der Alp ... ist vieles anders?
« am: 12.08.05, 10:35 »
Hallo,

nachdem es in der Käsebox angeschnitten wurde, komt mir die Alp-Wirtschaft wie eine eigene, kleine Welt vor.

Heu mit Tüchern von den Hängen bergen, Kühe "suchen", Leben weit am "vom prallen" Leben?

In einem Wochenmagazin war nun auch ein großer Bericht über das (zeitweise) Leben auf dem Berg mit Kuh & Kegel. Von Aussteigern, Saisonarbeitern aus anderen Ländern ohne die es nicht ginge, über Hubschrauber-Kuhberge-Dienste für verunglücktes Vieh.

Dies hat mich schon stutzig gemacht - von ~ 130 Tieren (davon 30 Kühen) berichtete der Hirte/Chef einer Senn von 9 tödlich verunglückten Tieren in einem Jahr. Ist diese Zahl normal, hoch oder hängt das von der Gegend ab?

Ich freue mich auf eure (Lebens-)berichte!

viele Grüsse

Mirjam
« Letzte Änderung: 15.08.05, 00:34 von Freya »
Der Kopf ist rund - damit die Gedanken auch mal die Richtung ändern können!

andyH

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Re: Auf der Alp ... ist viele anders?
« Antwort #1 am: 12.08.05, 13:22 »
Also auf unserem Berg, da wo unser Jungvieh über den Sommer grast, sind es ungefähr 100 Jungrinder von verschiedenen Landwirten. Da kommte es sehr, sehr selten zu Abstürzen von Rindern. Das mag allerdings auch daran liegen das es nicht direkt eine Hochalpe ist, ca. 1200 m.ü.M. und vom Gelände nicht ganz so extrem ist.

Auf Hängen mit vielen Steinen oder steilen Abhängen kommt es schon mal eher zu Abstürzen. Allerdings finde ich jetzt 9 Stück von 130 Rindviehchern. auch ziemlich hoch.

Grüssle andy

Offline esther4

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Re: Auf der Alp ... ist viele anders?
« Antwort #2 am: 12.08.05, 19:37 »
wir sind auf einer ganzsommeralp d.h. wir sömmern auf gut 1200m von mai bis mitte september. wir haben keine abgänge. ( holz alange) aber auch bei uns in der gegend gibt es sonderfälle immer wieder aber 9 auf der gleichen alp... schon sehr viel... wir zäunen steine borde und löcher ab.

noch einen kurzen bericht aus unserer landw. zeitschrift:

" wer z alp got, verdient sich keine goldene nase-dafür ist die landwirtschaft im allgemeinen und die alpwirtschaft im speziellen ein zu steiniges pflaster.

die bandbreite der bündner alppersonal-richtlinien 2005 reicht von 65 ( unerfahrener, jugendlicher gehilfe) bis 180 franken (erfahrene, ausgebildete sennen) taglohn. davon wird ahv/iv, krankentaggeld und unfallversicherung abgezogen sowie 10 franken für die unterkunft und sechs franken pro tag für den verzehr von milchprodukten. abgerechnet wird im taglohn oder pauschal.
und wer sich auf einen üppigen lohn am ende der dreimonatigen alpzeit freut, sollte die rechnung ohne arbeitsstunden machen. denn die sind reichlich: auf kuhalpen beginnt das tagwerk häufig um vier uhr morgens und endet um 21 uhr abends; dazwischen liegen 2 stunden mittagspause-falls alles gut geht. die richtlinien gehen denn auch von 14 arbeitsstunden pro tag im ersten, 12 stunden im zweiten und 10 stunden im dritten monat der alpzeit aus; während sieben tagen pro woche. da bleibt nur der trost, " das man den alplohn abzüglich der laufenden kosten fast uhnberührt nach hause trägt, denn auf der alp gibt es nur wenige ausgabemöhlichkeiten"
gutes alppersonal ist wertvoll, denn das wohl der tiere und die alpkäseproduktion stehen und fallen mit dem personal. das alppersonal arbeitet während der saison oft doppelt so viel wie das personal im tal, verdient aber weniger als in einem schlecht bezahlten acht-stunden-hilfsjob.
die für schweizer verhältnisse mageren löhne locken immer mehr ausländer und ausländerinnen an. " erlebnissälpler" die nur einmal im leben einen alpsommer machen, nehmen es in kauf, wenig zu verdienen.
in der regel sind die arbeitgeber nicht einfach profiteure. was aus einer alp erwirtschaftet werden kann, ist je nach grösse und bewirtschaftsform unterschiedlich.
wo aus milch käse gemacht wird, muss aus käse noch geld gemacht werden......."

nicht alles so rosarot aber älpler ist man oder man ist es nicht.....

Offline gundi

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Re: Auf der Alp ... ist viele anders?
« Antwort #3 am: 12.08.05, 22:21 »
Hallo!

Zu unserem Hof gehört auch eine Alm, diese erstreckt sich von 1400-1760m Seehöhe. Da verbringen 28 Milchkühe und 42 Stück Jungvieh den Sommer.Wir bewirtschaften die Alm selbst, dh mein Mann und Sohn fahren jeden Tag früh und abends hinauf zum melken die Milch wird jeden Tag zur Sammelstelle gebracht.Zum Jungvieh wird 2mal die Woche geschaut ob alle da sind.Ab und zu müßen auch die Zäune kontrolliert werden denn ein kaputter Zaun ist meistens auch der Grund wenn ein Tier abstürzt.Dies kommt auch vor aber eher selten.Es passiert aber öfter das der Blitz ein Tier erschlägt. Meistens stehen bei einem Gewitter die Tiere in Gruppen beisammen oder sie suchen Schutz unter Bäumen und da kam es auch schon vor das 3 od.4 Stück auf einmal getötet wurden. Die Kadaver werden dann vom Hubschrauber ins Tal geflogen.
Um die Arbeit auf der Alm leichter zu machen haben wir vor 5 jahren einen Laufstall gebaut.Früher waren den Sommer über immer 2-3 Mann beschäftigt heute kann man sich einen nicht mehr leisten.
Die Touristen die als Wanderer vorbeikommen beklagen oft das die Tradition auf den Almen verloren geht, weil vieles moderner geworden ist.So romantisch wie in vielen Lieder besungen ist das Almleben allerdings auch nicht.
Gerade wenn tagelang schlechtes Wetter ist oder es schneit gar in dieser Höhenlage das ist dann auch nicht so lustig.
Über die Almwirtschaft in unserer Gegend kann man hier einiges nachlesen:www.almwirtschaft.com

lg gundi
Es ist kein Herr so hoch im Land, der nicht lebt vom Bauernstand!

brit

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Re: Auf der Alp ... ist viele anders?
« Antwort #4 am: 13.08.05, 08:34 »
hallo,

auch unsere kühe verbringen den sommer auf der alp.ne genossenschaftsalp mit 140 stück vieh auf 2000 m. betreut von sehr fachkundigen deutschen sennen und sennerinnen :).
also wir haben pro jahr mindestens ein abgang aus dem bestand, meist *vertrollt* (abgerutscht) manchmal auch blitzschlag. die werden dann mittels helikopter zur nächsten befahrbaren strasse geflogen.für den flug sind die meisten bergbauern mitglied bei der rega(rettungsflugwacht).  wir haben für unfälle ne viehversicherung (sowas wiene selbsthilfefond) da zahlen alle pro stück vieh nen betrag, und daraus wird dann bei unfall eine vergütung gezahlt. trotzdem verliert natürlich niemand gern ein stück vieh. probleme verursachen auch *lahme* kühe,( kühe mit klauenproblemen.)

ich bin  mit alp aufgewachsen, und  mit meinem mann und denn kindern  auch 6 jahre auf die alp (hochalp, 2000m), bis kinder schulpflichtig waren. ehrlich gesagt z`alp zu gehen ist ein virus, wenn mans mal hat, lässt es einem nicht mehr los.  :) wir waren auf ner kleinern privatalp, mit käserei und direktvermarktung.ein chrampf, aber sehr schön!!!
es gibt in der schweiz gegenden wo es vorwiegend privatalpen hat, die werden mehr von bauern selber bewirtschaftet , in andern wiederum sind vorwiegend genossenschaftsalpen, und da findet man sehr oft ausländisches( oft deutsches) personal.(was unsere zeitung mal zur schlagzeile animierte, *war heidi ne deutsche*? ;D ). da mach ich auch gleich ein riesenkompliment, die habens nämlich sehr streng (ca. 4.00 - 20.00 uhr, mit kleiner mittagspause), die meistern das  toll!! hat auch sehr viele frauen mit dabei, und ich staun über deren fachwissen.

was ist am alpleben so toll ?! sicher die unkomplizierte lebensart und freiheit(improvisieren ist gefragt ;) ), das rumziehen mit den tieren , die abhängigkeit von und mit der natur (man erfährt auch seine grenzen), und natürlich die schöne ausssicht!! :) und für kinder ists natürlich mit den tieren und der freiheit ein paradies!!
 
liebe grüsse  brit


« Letzte Änderung: 13.08.05, 09:09 von brit »

Käseherby

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Re: Auf der Alp ... ist viele anders?
« Antwort #5 am: 13.08.05, 12:27 »
hi ihr

also ich war in einem zeitraum von über dreissig jahren mehr als 20 mal auf alpen. vom kuhjunge zum senn, von 20 milchkühen bis 100, privatalpen wie genossenschaften. es ist eine krankheit wie alkaholismus, wer einmal angefangen hat kommt wieder.

angefangen habe ich auf auf einer wie damals üblich nicht erschlossenen alp. kein strom, kein fliessend wasser, keine zufahrt, 2 mal täglich 25 kühe von hand melken, essen und viehsalz im rucksack vom tal 1,5 stunden hochtragen. wir waren auf dem hochplateau drei sennereien und jeder für den andern da. das war hart aber wahnsinnig schön und einmal die woche ist die halbe belegschaft 1 stunde zur nächsten bergwirtschaft marschiert während der rest aufs vieh aufgepasst hat.

dann kamen die strassen, der strom und ganz böse gesagt die freizeit älpler und die fremden. es fing an dass jeden abend ein konvoi von autos von den alpen ins tal in die kneipe unterwegs war und die wenigen alteingesessenen teuren sennen sind dann den tieren zu liebe über drei alpen gerast wie bescheuerte wenn unwetter aufkamen. da wurden weidezäune auf alpen gestellt damit die herrschaften im tal ihren laster fröhnen konnten. irgendwann kriegt man dann gesagt man sei zu teuer. stimmt auch, die rega fliegt die toten tiere billiger ins tal als ein senn aufpasst. in 150 jahren alpgeschichte gab es kein vertroltes tier, jetzt jedes jahr das eine oder andere. ich war in der gegend der letzte der "alten" genossenschaftssennen gerade mal 28 der aufgehört hat. ich war dann noch auf ein paar privaten ohne strassen  ;D und hab da die tradition solange es noch ging noch weitergelebt.

wir haben damals von 100 kühen 5 verschiedene käse gemacht, es hat bei weitem nicht gereicht um die touristenlokale der region alle mit käse zu versorgen und die kneipen haben sich gegenseitig im preis hochgedrückt. jeder hat noch ein bisschen mehr geboten damit er genug käse kriegt. heute hat der käse von der gleichen alp absatzprobleme und die gleichen kneipen mit den glelichen wirten haben gruyere und appenzeller käse auf dem frühstückstisch weil die qualität der alpen nix mehr hergibt.

wir haben damals am tag zu viert käse für 2500 Fr. hergestellt. uns hat man wegrationiert und heute, 21 jahre später sind 5 auf der gleichen alp mit käse für 800 Fr. udn wird vom tourismusbüro mitfinanziert. ich habe damals aber auch das doppelte von einem heutigen senn verdient, ich hatte einen grundlohn von 100 Fr. am tag und beteiligung am erlös des käses abzügllich der normalen kosten und der tierverluste. wir hätten damals jede abgestürzte kuh aus der eiigenen tasche bezahlen müssen, was glaubt ihr wie wir die in watte gepackt haben.

auch in der schweiz ist es nicht an der zeit zu jammern. nicht die sennen haben die alpen heruntergewirtschaftet sondern die verantwortlichen im tal. ändert die bezahlung wieder in leistungslohn wie es hunderte von jahren war und die alpen werden wieder erträge bringen. so teilt sich wieder die spreu vom weizen. gerade im bündnerland kenne ich wirte die der vergangenheit hinterher träumen und von ihren guten käse von früher träumen. überleg dir mal wieviel käse jeden morgen auf den frühstückbuffet der bündner hotels liegt und wieviel davon noch bündner käse ist und warum davon soviel liegen bleibt aber der gruyere ist dauernd weg. dann geh in die region gruyere auf die alpen und schau wer dort arbeitet, und danach schau in deiner region. dann weisst du was ich meine.

liebe grüsse

herby

Offline albert

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Re: Auf der Alp ... ist viele anders?
« Antwort #6 am: 14.08.05, 09:28 »
hallo zusammen ,
ist das vielleicht moderne Almwirtschaft  ?
LG albert

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Offline gundi

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Re: Auf der Alp ... ist viele anders?
« Antwort #7 am: 14.08.05, 10:14 »
Ja albert, es haben halt nicht alle Rindviecher 4 Beine :D

lg gundi
Es ist kein Herr so hoch im Land, der nicht lebt vom Bauernstand!

Offline Doro

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Re: Auf der Alp ... ist viele anders?
« Antwort #8 am: 14.08.05, 10:40 »
...das ist gut! ;D :D
Es grüßt Doro

,,Leben ist nicht genug", sagte der Schmetterling. ,,Sonnenschein, Freiheit und eine kleine Blume muss man haben".

Käseherby

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Re: Auf der Alp ... ist viele anders?
« Antwort #9 am: 14.08.05, 10:50 »
hi maria

Mein grösster Traum wäre irgendwann einmal einen Sommer auf einer Alm arbeiten zu können.
Welche Qualifikation muss frau dafür haben?

kommt auf die alp an. von keiner bis käse herstellen. aber wenn du wirklich was davon haben willst suche eine privat alp oder eine im gruyere gebiet wenn du französisch verstehst, mit einem alten senn der einen kuhjunge und melker sucht.
die alten sind knurrig und nicht einfach zu nehmen und meist ist reden nicht ihre stärke aber wenn man die augen offen hat lernt man in hundert tagen mehr als in jeder schule in x jahren.
Zitat
Ist Senner eine Ausbildungstätigkeit?
früher war es ein stand, man ist als kind als kuhjunge auf dei alp, war dann ein paar jahre zusenn und wenn man glück hatte und gut war wurde man auf fürsprache von einem erfahrenen senn selber zum senn.
heute macht man einen kurs udn husch ist man senn.  :'( das ergebniss habe ich ja im letzten beitrag geschreiben.
Zitat
Wir waren letzten Sommer auf einer Alm, der Käse war dort dermaßen gut, dass dem Senner der Käse ausgegangen ist.
so muss es eigentlich auch sein.  :D aber ist es leider nur noch sehr selten, aber wie hat jemand geschreiben? zwei auf der alp machen ganz gute arbeit.
Zitat
Ich mache selbst auch Käse- ich bin ganz zufrieden damit, aber solche Qualität habe ich noch lange nicht erreicht-
lernt Senner das irgendwo oder ist das Naturtalent?

nein dass kann nun wirklich jeder lernen der will, der sich die zeit nimmt, der bereit ist zusammenhänge zu sehen, gerne alleine ist und das glück hat noch einen alten senn zu finden der es ihm zeigt.
Zitat
Ich kann mir gut vorstellen, dass Almen süchtig machen.
Ist sicher eine grosse Verantwortung und sehr viel Arbeit, aber auf den Bergen oben schaut die Welt anders aus-
Dort ist auch ganz klar zu sehen, dass ohne Rinder die Berglandschaft vorbei wäre.

ja machten sie und können sie noch machen dort wo es noch stimmt. leider ist es so dass dort wo es noch stimmt die hierarchien der alpen so fest sind dass kein aussenstehender mehr reinkommt. man muss dort geboren sein.
Zitat
Meinen Respekt für die Leistung der  Bergbäuerinnen und Bergbauern.
ja das ist ein schweinejob und keiner wills mehr wirklich machen. zuviel zum sterben aber zuwenig zum leben. ich kenne keinen mehr der nebenbei nicht arbeiten muss. gerade deshalb macht mich das mit der misswirtschaft in der alpwirtschaft so sauer. viele kleine bauer waren früher senn und die familie hat unten den hof geschmissen, heute sind es agrarstudenten auf den alpen und bergabauer denen das geld fehlt. die bauer brauchen mehr geld pro ausswärtsarbeitstunde um ihre höfe über wasser zu halten als sie auf den alpen noch kriegen.

liebe grüsse

herby


Käseherby

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Re: Auf der Alp ... ist viele anders?
« Antwort #10 am: 14.08.05, 11:00 »
hi albert

du wirst lachen ich hab die schilder auch schon live gesehen. aber was noch schöner ist, ich hab die schuhe schon live gesehen in solchen gegenden.  ;D meist hängen die schuhe an jungen dingern mit alten säcken am arm denen zum ersten mal im leben eine stelle ausserhalb des weges von der disco zum stundenhotel gezeigt wird weil gerade das viagra ausging. :-X
wäre doch schade wenn die bergbahn gerade wegen denen schadenersatz bezahlen müssten.  8)

liebe grüsse

herby




Offline albert

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Re: Auf der Alp ... ist viele anders?
« Antwort #11 am: 14.08.05, 20:01 »
hallo,
oder Almwirtschaft unter Palmen.........
LG albert

[gelöscht, Archiv unter www.baeuerinnentreff.de]

Offline Erja

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Re: Auf der Alp ... ist viele anders?
« Antwort #12 am: 14.08.05, 22:54 »
hi ihr

wir haben damals am tag zu viert käse für 2500 Fr. hergestellt. uns hat man wegrationiert und heute, 21 jahre später sind 5 auf der gleichen alp mit käse für 800 Fr. udn wird vom tourismusbüro mitfinanziert. ich habe damals aber auch das doppelte von einem heutigen senn verdient, ich hatte einen grundlohn von 100 Fr. am tag und beteiligung am erlös des käses abzügllich der normalen kosten und der tierverluste. wir hätten damals jede abgestürzte kuh aus der eiigenen tasche bezahlen müssen, was glaubt ihr wie wir die in watte gepackt haben.


Hallo Herby,

Ich find diese Entwicklung, wie Du sie beschreibst, eigentlich schon traurig - ist die eigentlich nicht umkehrbar?
Ich meine, wenn Ihr damals so viel mehr, bzw. besseren Käse hergestellt habt, wieso wagt das eigentlich keiner mehr, es nach der alten Methode zu probieren? Fehlt da der Mut, das Geld, oder hängts an den verschärften Vorschriften und Auflagen?

Und wie habt Ihr das gemacht, dass Euch nie ne Kuh verloren ging? Ich war leider erst einmal zu nem Kurzbesuch auf ner Alp (und hoffentlich nicht das letzte Mal... ;)) - aber was mich fasziniert hat, war, wie schnell das Wetter umschlägt - habt Ihr dafür ein Gespür entwickelt? Denn unser Gastgeber sagte uns damals, wenn ein Gewitter kommt, müßte man sehen, dass man selber in Sicherheit ist, da wär keine Zeit mehr, die Tiere in den STall zu bringen...

Vielen Dank jedenfalls für Deinen Bericht - das ist echt interessant!!!

Käseherby

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Re: Auf der Alp ... ist vieles anders?
« Antwort #13 am: 15.08.05, 00:18 »
hi erja


Ich find diese Entwicklung, wie Du sie beschreibst, eigentlich schon traurig - ist die eigentlich nicht umkehrbar?
Ich meine, wenn Ihr damals so viel mehr, bzw. besseren Käse hergestellt habt, wieso wagt das eigentlich keiner mehr, es nach der alten Methode zu probieren? Fehlt da der Mut, das Geld, oder hängts an den verschärften Vorschriften und Auflagen?

wie du der bilderserie die ich hier verlinkte entnehmen konntest gibt es die alpen ja noch. nur ist es halt so dass sie sehr selten wurden und in weiten gebieten ganz weg sind. jeder versuch eu konform zu werden schadet der alpwirtschaft massiv aber es gibt auch in der schweiz die eu befürworter. es wird noch ein paar jahre dauern bis der letzt brüsselfan eingesehen hat dass kein schwein sich in brüssel für einen landwirt mit weniger als 100 ha flaches land interessiert. das sieht man schon daran dass die milch und butterverordnung erst ab 500 kilo verarbeitete tagesmilch gilt. darunter gibt es einem nicht in brüssel.
Zitat
Und wie habt Ihr das gemacht, dass Euch nie ne Kuh verloren ging? Ich war leider erst einmal zu nem Kurzbesuch auf ner Alp (und hoffentlich nicht das letzte Mal... ;)) - aber was mich fasziniert hat, war, wie schnell das Wetter umschlägt - habt Ihr dafür ein Gespür entwickelt?

früher oder heute?
es ist ganz einfach. wenn ich versuchen würde im watt zu leben wär ich in einer woche ersoffen, wenn der usedomer in den bergen überleben will hat er ein ernstes problem.
kein wetter schlägt schnell um auch in den bergen nicht, aber der laie merkt es in den bergen nicht weil alles anders abläuft. die anzeichen sind da nur muss man sie erkennen. optische entfernungen ändern sich, dunstschleier an gipfel, blüten die nicht aufgehen, vögel die nicht kreisen oder vermehrt kreisen, murmeltiere die kein gras zupfen, steinböcke die von felsbänder ins tal steigen und einiges mehr. nicht zu vergessen der radio mit der wettermeldung  ;D
Zitat
Denn unser Gastgeber sagte uns damals, wenn ein Gewitter kommt, müßte man sehen, dass man selber in Sicherheit ist, da wär keine Zeit mehr, die Tiere in den STall zu bringen...
dann ist er kein senn. jede alp hat verschiedene weiden die zu verschiedenen zeiten beweidet werden, da muss man halt schauen dass man an "gefährlichen" tagen weiden hat bei denen man reagieren kann. wenn man das nicht gebacken kriegt hat man als verantwortlicher senn auf einer alp nichts zu suchen. ein senn der sich in sicherheit bring bevor die tiere in sicherheit sind ist wie ein kapitän eines kreuzfahrtschiffes der als erster ins rettungsboot geht und sich nicht um die passagiere kümmert.
ich hab in meinem letzten jahr auf der alp durch den feldstecher zugeschaut wie ein möchtegern senn aus dem flachland zwei kühe eigenhändig in den tod getrieben hat nur weil ihm grundkenntnisse vom verhalten von kühen fehlte. zwei kühe die sich in steiles gelände begeben haben, wohlverstanden nur weil er in der zeit mit der zusennin am sonnenbaden und mehr war, und sich nicht um die tiere kümmmerte rannte dann plotzlich los um sie zu holen. leider wusste er nicht dass man sich kühe im steilen gelände nicht von oben hinten nähernd darf weil die kuh dann nach unten ausweicht und ins rutschen kommt und abstürzt. wäre er wie es sich gehört von unten und vorne gekommen hätte sich die kuh nach oben weggedreht und hätte überlebt. das war ein grund mehr mit der alp abzuschliessen.
was nützen einem "senn" 20 jahre erfahrung im flachland auf der alp? wenn er alle tiere gesund im herbst runterbringen nichts.

liebe grüsse

herby
« Letzte Änderung: 15.08.05, 00:35 von Freya »

brit

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Re: Auf der Alp ... ist vieles anders?
« Antwort #14 am: 15.08.05, 11:49 »
hallo ,

ich hab ja als kind rinder/ kühe gehütet..und es wär uns nie in den sinn gekommen, sich in sicherheit zu bringen, bevor auch die rinder/ kühe in sicherheit sind...aber natürlich hat man versucht, die bessern tage für steileres gelände zu nutzen, und in den schlechten tagen dass ungefährlichere gebiet. wir sind damals noch mit den tieren gezogen,- *ausgefahren* wie wir sagen-, im rucksack wurst käs und brot und kalter kaffee für den durst..am morgen gings nach dem melken los und hat die kühe/rinder in die vorgesehenen steilhänge getrieben und gehütet , und am abend zum melken zurück..(bei den rindern früher los und später zurück :) )

trotzdem in unsern steilen hängen sind auch den guten hirten tiere verunglückt , jedes jahr etwa drei/ vier. natürlich wars mit unerfahrenen hirten schwieriger, da ging aber dann einfach bei schwierigen passagen ein bauer oder eben wir kinder mit. (eigentlich mussten immer wir mit, weil die kinderrreichste familie ;) )

damals wurde schon viel umzäunt, damit ein hirte allein auskommt, heute habens die wiesen geteilt und gefährliche passagen ausgezäunt, *ausgefahren* wird nur noch selten, die steilern weiden fressen nur noch die rinder, und ein hirt muss genügen, die bauern haben halt durch die grössern betriebe insgesamt weniger zeit, und kinderreiche familien sind auch rar, und kinderarbeit wird eh anders beurteilt.

wenn ich auf fotos gucke, wieviele leute sich zur kindheitszeit meines vaters auf der alp getummelt haben, wieviele es noch zu meiner kindheit waren, und die paar dies jetzt sind ... da hat sich schon extrem viel geändert.

es war aber auch früher manchmal extrem primitiv, und die bauern haben ihre knechte auch manchmal nicht grad sehr fein behandelt, und im gegensatz zu dir herby, fand ich es natürlich grad mit kindern auf der alp toll, nen elektromotor für ne zugegeben sehr eigenartige   waschmaschine zu haben, und die kinder ab und zu sauber anziehen zu können (bei schlechtem  wetter war  ich nur schon froh  sie trocken anziehen zu können, auch wenn die hosen vor schmutz fast selber stehen konnten ;D )

das grösste wars immer, wenns von der tiefern alp zur höhern ging, oder zurück, den ganzen *karsumpel* zusammenpacken, alle viecher hochtreiben (da waren dann die säue dass grosse problem). da herrschte oft ne grosse rivalität zwischen den bauern wer wann die kühe als erster ins frische gras treiben konnte, überhaupt war die entscheidungsfindung was wie gemacht wird oft ein schwieriger und sehr emotionaler prozess, und auch *einander fast das bauchweh vergönnen* war durchaus dabei :P

liebe grüsse   brit