...ich hab gestern was ins Auge gekriegt - deswegen gehts jetzt erst weiter
@ Biobauer - deine Schätzung ist witzig
- Thoma lebte von 1867-1921 - magst du es nicht ein "bißchen" konkretisieren?
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Wenn aber Mütter ihren Töchtern stets vorjammern, was sie zu tun haben und wie schlecht es die Bauersfrau gegenüber der Stadtfrau habe und das sie ihre Töchter bedauern würden, wenn sie auch einmal in eine soclhe Wirtschaft hinein müßten, wenn sie ihnen lieber eine Stramin- oder Häkelarbeit in die Hand geben, als den Putzlumpen, so werden sie allerdings keine Bäuerinnen aus ihnen erziehen.
Sie werden es aber auch verantworten müssen, wenn dieselben einmal weder für den einen noch für den anderen Beruf passen und ihnen Vorwürfe über die verfehlte Erziehung machen.
Sollen wir denn aber nicht auch vorwärts schreiten? fragen jene Bauerntöchter, welche noch Lust und Freude an ihrem Berufe haben. Ist es denn notwendig, das ich der Bauer durch Rohheit und Unbehilflichkeit auszeichne? Soll uns denn nicht auch eine bessere Ausbildung zu Teil werden, welche uns mit den gebildeten Ständen verkehren läßt, ohne das wir uns unserer Unwissenheit zu schämen brauchen und der Name "Bauer" gar häufig nur im spöttischen Sinne gebraucht wird?
Ja gewiß - so notwendig es ist, dass der Bauernstand vorwärts schreite, damit er den Anforderungen gewachsen bleibe, welche die Konkurrenz an ihn stellt, so darf vor allem die Frau nicht vergessen werden. Sie besitzt nicht allein eine hochwichtige Aufgabe in der Führung der Erzeugnisse, welche ihre bessere Ausbildung erfordert, sondern sie soll auch als Erzieherin der Kinder dieselben auf eine höhere berufliche und allgemeine Ausbildung vorbereiten. Ob sie diesen Zweck in einer Haushaltungsschule allein erreichen kann, bezweifeln wir, denn diese kann bei der kurzen Lehrzeit nur mehr anregend und vorbereitend wirken, immerhin aber trägt sie dazu bei, den Geschmack der Bauerntöchter für ihren Beruf und die Freude an demselben zu heben.
Für ganz verwerflich halten wir aber die sogenannten Institute, wo sie allerlei Tändeleien lernen. Für viel geeigneter hielten wir es, sie in guten einfachen Bürger- und Beamtenfamilien unterzubringen, wo sie neben dem Besuche der Fortbildungsschule unter den Augen der Hausfrau in die Haushaltung eingeführt würden und hier Tugenden lernen können, welche auf dem Lande so häufig fehlen, nämlich Reinlichkeit, Ordnung und Sparsamkeit in Kleidern und Nahrungsmitteln, die alle man sich nur durch längere Gewohnheit erwirbt.
Haben wir doch schon von tüchtigen Landwirten gehört, welche Beamtentöchte heirateten, dass sie mit diesen viel besser daran seien, weil sie von Jugend auf an die Sparsamkeit mit Lebensmitteln gewöhnt seien, während die Bauerntöchter darin häufig sehr verschwenderisch seien. An solchen Hausfrauen ist gottlob noch kein Mangel und die verständige Hausfrau selbst dürfte ein Opfer nicht scheuen, um ihrer Tochter die Wohltat einer solchen Ausbildung zu gönnen, für welche sie ihr stets dankbar wäre. Sie können dann aber auch einsehen lernen, das jeder Stand seine Opfer und Entbehrung hat.
Sollen aber die Töchter auf dem Land wieder Geschmack an ihrem Berufe bekommen, so müssen vor allem auch die Männer dazu beitragen. Sie müssen einsehen, welche schwere Aufgabe die Hausfrau auf dem Lande hat und ihre dieselbe nicht durch rohes Betragen noch erschweren, sie müssen einsehen lernen, das die Frau nicht dazu da ist , um allerlei schwere Arbeiten in Stall und Feld zu verrichten, welche sonst Männern zukommt, wie es früher üblich war, sondern das ihr eigentliches Gebiet der Haushalt udn die Kindererziehung ist, durch deren sorgfältige Besorgung sie viel mehr Nutzen schaffen und viel mehr Ersparnisse machen können, als wenn sie ihren Männern hie und da eine Tagelöhnerin ersetzen.
Vor allem kommt das aber den jungen Landwirten zu, von denen man oft die Klage hört, das es so schwierig sei, auf dem Lande tüchtige Frauen zu bekommen, indem die einen keine Bauern mehr wollen, während die anderen nicht gelernt haben, schmutzig, trag und roh seien und ihren Ansprüchen nicht genügen. Sie sollen durch ihre bessere Bildung nd ihr Beragen tüchtige Mädchen von der Ansicht belehren, das das Los einer Frau auf dem Land kein begehrenswertes sei.
Schließlich glaubt der Schreiber, das noch gesunder Sinn und Liebe zu dem angestammten Berufe bei Müttern und Töchtern auf dem Lande genügend vorhanden und das seie Worte nicht in den Wind gesprochen sind.
Mögen doch die Mütter ihr möglichstes dazu beitragen, um ihre Kinder zu tüchtigen, brauchbaren und bescheidenen Menschen zu erziehen, denn das sind die Bedingungen ihres Glückes und Fortkommens in der Welt und dann ists uns auch nicht bange, das die Klasse der tüchtigen und berufsfreudigen Bäuerinnen aussterben werde, auf deren Fortbestehen die Zukunft unserer Landwirtschaft beruht.
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