Autor Thema: Alzheimer und Demenz  (Gelesen 73496 mal)

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Offline bienchen3

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Re: Alzheimer und Demenz
« Antwort #30 am: 12.06.09, 17:02 »
Hallo,
da kann ich auch gut mitreden. Mein Opa (wird im September 90) war im Frühjahr 6 Wochen in einer
beschützenden Abteilung einer Nervenklinik, weil er gedroht hat, die ganze Familie auszulöschen. Die
Hauptproblematik bei uns ist die, daß mein Opa und meine Oma (87) noch alleine leben, und meine Oma
die Krankheit vom Opa nicht als Krankheit ansieht. Sie meint immer, wenn sie schön lieb und brav ist,
dann bleibt er ruhig, und wird nicht agressiv. Die Krankheit und die gesamte Situation belastet mittler-
weile die ganze Familie, weil man ständig damit rechnet, daß er wieder "ausrastet".

Kommende Woche will meine Oma zum ersten Mal in einen Gesprächskreis für Angehörige gehen, aber
das glaube ich erst, wenn sie wirklich da war. Sie schämt sich für die Krankheit ihres Mannes.

Unser Opa ist auch schon über das Stadium hinweg, wo er merkt, daß was nicht mehr stimmt. Ich habe
den Eindruck, er entwickelt sich langsam aber sicher wieder zum Kind zurück.

Was man auch ganz klar sagen muß, als Angehöriger sieht man die Anfänge der Krankheit oft nicht bzw.
will sie nicht sehen. Wir haben seine Agressivität auch Anfangs als Folge seiner vielen Besuche im Wirts-
haus und seines Wesens angesehen.

Es ist eine verdammt schwere Zeit...

Sabine
Viele Menschen wissen, dass sie unglücklich sind. Aber noch mehr Menschen wissen nicht, dass sie glücklich sind. Albert Schweitzer

Offline landleben

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Re: Alzheimer und Demenz
« Antwort #31 am: 12.06.09, 19:16 »
Ich war heute wieder bei meiner SM im Heim. Dort sagte mir die Pflegeleiterin, dass SM immer mehr abbaut.

War auch zu merken. Als ich kam war SM am reden. Redete in einer Tour. (kommt wohl auch von dem Antidepressiva, welches sie bekommt.) Dadurch ist sie auch längst nicht mehr so Agressiv, wie sie es mit unter auch hatte.

Aber ihr Reden war zuerst wirklich nur ein aneinanderreihen von Silben. Kein Sinn und Verstand. Dann ging es wieder. Ganz ehrlich viel habe ich mich nicht mit ihr beschäftigt. Habe mit der Heimleiterin geredet und einigen "normalen" Bewohnern des Heimes. Ob ich da war oder peng, es war nichts davon zu merken, dass sie überhaupt regestrierte, dass sie Besuch hat. Die Erdbeeren, die ich mit gebracht habe, werden dann so zwischendurch genascht. Was sie isst, merkt sie auch schon nicht mehr.

So, nun werde ich mich in 14 Tage wieder aufraffen und hinfahren. Wenn man sich wenigstens noch vernünftig unterhalten könnte, würde man auch viel mehr Besuche machen.

Lg

landleben

Offline ELLI47

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Re: Alzheimer und Demenz
« Antwort #32 am: 12.06.09, 19:57 »
Wenn ich meine Mutter im Heim besuche,bin ich immer froh,das sie mich erkennt und das sie sich wahnsinnig freut.
Meine Brüder die sehr selten hinfahren,kennt sie nicht.
Inzwischen kann ich mich mit ihr wieder "unterhalten".
Ihr denken dreht sich um Geld und wer das bezahlt.
Nach einem Jahr ist es nun endlich ihr Zuhause,und sie weiß nicht mehr,das sie mal ein Haus besessen hat.
Es ist sehr traurig,aber wenn ich bedenke,wie schlecht es ihr schon mal ging,bin ich jetzt zufrieden.
  LG Elli
Liebe Grüsse aus Schleswig-Holstein
    
        Elli

Offline Lise

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Re: Alzheimer und Demenz
« Antwort #33 am: 19.08.10, 22:45 »
Bei meiner Mutter merken wir seit ca. 2 Jahren, dass sie sehr vergesslich ist und manches durcheinander bringt. Wenn man ihr etwas erzählt, jemand anderes erzählt auch was dann macht sie aus 2 verschiedenen Geschichte ihre eigene.
Jetzt war es so weit, dass sie dreimal in einer Woche zur Lottoannahme ging und ihren Tippschein dreimal abgab. Wenn man ihr dann sagt, dass sie falsch dran ist dann würde sie lieber streiten als es einsehen. Ich weiß nicht ob das Demenz oder Alzheimer o.ä. ist und wie wir als Kinder reagieren sollen oder was man machen kann. Außerdem geht sie einem dann lieber aus dem Weg (igelt sich zu Hause ein) oder legt bei einem Telefongespräch den Hörer auf.
Vielleicht hat jemand Tipps oder ähnliche Erfahrungen.
Lise ???

Offline SiegiKam

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Re: Alzheimer und Demenz
« Antwort #34 am: 19.08.10, 23:28 »
@Lise:
Egal, was deine Mutter hat, sie braucht Hilfe (Alzheimer ist eine Form der Demenz). Sie merkt, dass etwas nicht in Ordnung ist und das verunsichert sie zutiefst. Auf keinen Fall dürft ihr an ihr herumkritisieren oder schimpfen, dann zieht sie sich noch weiter zurück. Besucht sie oft und fragt, was ihr helfen könnt. Schaut unauffällig in Kühlschrank und bestimmte Schubläden, findet ihr dort Sachen, die total fremd darin sind, ist es schon ziemlich weit mit der Demenz. Dann ist es wichtig, nachzuschauen, ob sie überhaupt noch regelmäßig ißt und trinkt. Generell sind gemeinsame Einkaufsfahrten eine große Hilfe, da könnt ihr auch gemeinsam den Lottoschein abgeben zum Beispiel. Einfach oft vorbeikommen und ein wenig reden, dabei merkt man schon, welche Sorgen die Mama hat, demente Menschen machen sich oft große Sorgen um Dinge, die wir für unwichtig halten. Wenn deine Mama dement ist, dann ist es für sie eine große Hilfe, wenn zu bestimmten Zeiten jemand immer zu ihr kommt, daran kann sie ihren Tagesablauf fest machen. Sie braucht einen Rahmen, der ihr Halt gibt. Meist haben Frauen den ohnehin schon durch die täglichen Abläufe des Haushaltes, aber es ist die Frage, wie weit sie noch damit zurecht kommt oder schon damit überfordert ist. Das müsstest du herausfinden und ihr unter einem Vorwand Hilfe anbieten, zum Beispiel das tägliche Kochen, wenn sie das nicht mehr hinkriegt. Es ist schwierig zu raten, wenn man gar nicht weiß, wer der Mensch ist und wie weit es mit der Erkrankung ist.

Es gibt Selbsthilfegruppen für Angehörige von Alzheimer-Patienten, die können dir evtl. auch weiterhelfen.

LG Siegi


Leben und leben lassen

Benita2

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Re: Alzheimer und Demenz
« Antwort #35 am: 18.07.11, 18:50 »
Hallo allerseits,

Eine Freundin  (59J) erzählte mir erst kürzlich, dass sie befürchtet, Alzheimer zu haben, denn sie kann nicht mehr viel riechen. Außerdem ist sie sowieso schon seit längerem sehr vergesslich.
Geht oft zweimal in den Keller um was zu holen, oder sie muß öfters in die Speisekammer gehen um endlich dann das Richtige zu finden.
Auch beim Autofahren muß sie manchmal spekulieren, wo sie denn eigentlich jetzt gerade hinfahren wollte.

Jetzt hat sie es dem Hausarzt gesagt und der hat sie gleich mal zum Neurologen geschickt.
Bis dahin muß sie nun noch 6 Wochen warten, bis sie dran ist.

Ich wußte gleich gar nicht was ich ihr dazu sagen soll.
Sowas kann man ja eigentlich gar niemand erzählen, denn man läuft Gefahr, dann nicht mehr für voll genommen zu werden.
Sie hat es noch nicht mal ihrem Ehemann gesagt.

Kennt hier jemand, bei dem auch schon in jüngeren Jahren diese Kranheit ausbrach?

Offline SiegiKam

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Re: Alzheimer und Demenz
« Antwort #36 am: 18.07.11, 22:41 »
Ja, das gibt es schon in diesem Alter.

Aber das muss nichts heißen, man kann sich auch in eine Vergesslichkeit hineinsteigern. So, dass man durch das Sichselbstbeobachten so nervös wird, weil man Angst vor dieser Krankheit hat, dass man eben dadurch vieles vergißt. Ich würde mir da nicht soviel Angst machen und mal die Untersuchungen abwarten.
Es war sicher kein Fehler zum Arzt zu gehen, aber vielleicht fehlt ihr gar nichts und sie ist danach ruhiger. Eine gewisse Vergessensquote ist ja durchaus normal mit zunehmendem Alter.

Siegi
Leben und leben lassen

Offline LunaR

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Re: Alzheimer und Demenz
« Antwort #37 am: 18.07.11, 23:05 »
Hallo Benita,

heute kam gerade ein Bericht im 1. Programm zu diesem Thema. Vielleicht hast du es sogar gesehen.

Viele Infos gibt es bei der Alzheimer Gesellschaft http://www.deutsche-alzheimer.de/

Bei Vergesslichkeit ist Alzheimer oft der erste Gedanke. Es gibt aber viele Gründe für Vergesslichkeit.  Ich finde, mit 59 Jahren darf sie altersbedingt schon mal vergesslich sein. Es gibt noch andere Krankheiten, die mit Konzentrationsmangel und Vergesslichkeit einhergehen. Auch Stress kann die Ursache sein oder einfach zu wenig Flüssigkeit.

Vielleicht sollte sie sich bis zur Diagnose nicht zu sehr auf Alzheimer einschießen.

Alles Gute für deine Freundin.

Luna
Es ist sehr beglückend, sich mit kompetenten Menschen auszutauschen.

Ein lieber Gruß Luna


Verschwendete Zeit ist Dasein.
Gebrauchte Zeit ist Leben.

Offline SiegiKam

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Re: Alzheimer und Demenz
« Antwort #38 am: 19.07.11, 18:30 »
.. Es gibt noch andere Krankheiten, die mit Konzentrationsmangel und Vergesslichkeit einhergehen. Auch Stress kann die Ursache sein oder einfach zu wenig Flüssigkeit. ..

Genau, eine Ärztin erzählte mal, dass sie viel mit älteren Damen zu tun habe und die, gerade wenn sie lange Wartezeiten befürchten, zuhause wenig trinken um nicht dauernd auf die Toilette zu müssen. Die Damen hätten dann oft erschreckende Erinnerungslücken und Konzentrationsschwächen, aber es wäre sehr schnell besser, wenn man nur ein Glas Wasser verabreiche.

Prost, Siegi
Leben und leben lassen

Offline Ingrid2

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Re: Alzheimer und Demenz
« Antwort #39 am: 27.09.11, 08:57 »
Hallo Hopfi,

könntest du "Mißbrauch" in diesem Zusammenhang genauer definieren? Ich verstehe das grad nicht.

Ob es für den Kranken lebenswert ist oder nicht, können wir, glaub, ich nicht entscheiden. Wer weiß schon, was ein solcher Mensch tatsächlich fühlt, wie er sein Leben sieht. Es kann auch eine Gnade sein, wenn der Geist vor dem Körper geht. Ich persönlich finde es sehr viel schwieriger, bei geistiger Wachheit den eigenen körperlichen Verfall zu sehen und nichts dagegen tun zu können. Es gibt wohl immer zwei Seiten, die man sehen muß.

Ingrid

Offline Sasa

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Re: Alzheimer und Demenz
« Antwort #40 am: 27.09.11, 12:34 »
Ich habe sieben Jahre lang meine Oma gepflegt und finde, es ist eher so, daß sie Seele bis zum letzten Moment da ist. Der Verstand auch- nur nicht in der Gegenwart.  Da muß man manchmal ein bißchen "tricksen"....

Einmal, ich war gerade schwanger mit Nr. 2 , war außer mir, Oma und meiner Ältesten, die ganze Familie auswärts. Familienfeier oder so, weiß ich nicht genau. Mein Bruder kam zur verabredeten Zeit, um die von mir fertig gewaschene und umgekleidete Oma, die nach einem Schlaganfall halbseitig gelähmt war, ins Bett zu bringen, ich sollte nicht so schwer heben. Sonst hat mein Mann das gemacht.

Nun wollte Oma aber partout weder umgezogen werden noch ins Bett- sie wollte auf Bernhard warten. Davon war sie nicht abzubringen. Mein Bruder und ich zogen uns zurück und hileten Kriegsrat. "Was machen wir denn bloß? Sie kann doch nicht auf Opa warten, der ist schon 40 Jahre tot." Nee, nee, sagte ich, Opa hieß Hermann, den meint sie nicht. Keine Ahnung, bei der riesigen Verwandtschaft, wer genau da Bernhard ist. Davon gabs im Zweifelsfalle mehrere....
Jedenfalls konnten wir ja diesen Bernhard, wer auch immer er sein möge, nicht herbeischaffen. Also mussten wir uns was anderes überlegen. Wir gingen wieder in die Stube und erklärten Oma - auf Plattdeutsch, ich kanns aber nicht schreiben ;D - Bernhard wär grad kurz dagewesen, keine Zeit, die Kühe sind ausgebrochen. Da muß er erst hinterher, und auch noch den Zaun flicken. Sie solle nicht auf ihn warten, habe er gesagt. Oma schien uns die Geschichte nicht ganz abzukaufen, mißtrauisch guckte sie von einem zu anderen, fügte sich aber. Aber unter stummen Protest. Sie trommelte energisch mit den Fingern ihrer gesunden Hand auf der Lehne des Rollstuhls und während sie sich sonst alle Mühe gab, beim Umziehen und waschen ein bißchen "gerade zu stehen", um mir die Sache leichter zu machen, ließ sie sich hängen wie ein nasser Sack. Innerlich mußte ich lachen- der reinste "passive Widerstand" ;) Als sie aber im Bett lag, war sie genauso sonnig wie sonst auch...

Am nächsten Morgen telefonierte ich mit meiner Mutter und erzählte ihr die Geschichte. Mama war entsetzt: "Mein Gott...je oller, je doller.. Sie meint Onkel Bernd, ihren Schwager! Was soll der denn nachts bei ihr?" Tja, das mögen die Götter wissen. Ich gehe mal davon aus, Oma war der Meinung, es sei noch keine ins Bett -geh-Zeit gewesen und wir hätten sie zur Unzeit ins Bett gesteckt. Jedenfalls war sie damals öfter mal in Zeit und Raum unterwegs.... ;)

Aber sie war immer gutgelaunt, sehr geduldig, wenn man sich bei der Pflege etwas ungeschickt anstellte, kicherte wie ein Teenie, wenn mein Mann sie jeweils morgens und abends in den Rollstuhl bzw. aufs Bett setzte...Oma war so klein und zierlich, daß Göga sie kurzerhand an Knien und Rücken anhob und wegtrug. Ich musste immer mit so einer Drehplatte arbeiten oder anfangs, als sie körperlich noch mehr Kraft hatte, sie umfassen und kleine Drehbewegungen Richtung Rollstuhl machen. Nie war sie boshaft oder schimpfte....

Als sie noch gesund war, war ihre größte Sorge, sie könne sich eines Tages nicht mehr selbst helfen. Als es soweit war, schien sie das entweder nicht zu merken oder es machte ihr nichts mehr aus.

Obwohl- drei Tage vor ihrem Tod, sie war wegen eines hartnäckigen Hustens ins Krankenhaus gekommen, und trotz Antibiotika wurde eine Lungenentzündung daraus, war sie fit (geistig) wie seit Jahren nicht mehr. Sie wirkte richtig "aufgeblüht", spielte mit meinen damals 8 und 2jährigen Töchtern und freute sich über die Aussicht, noch ein Urenkelkind zu bekommen ( hatte ich gerade erfahren  ;D) Ich verabschiedete mich von ihr mit den Worten, bald sei sie ja wieder zuhause. Nein, sagte sie ganz ernst, sie käme nicht mehr nach Hause. Sie wolle auch nicht mehr, sie sei jetzt alt genug (92). Ich wunderte mich über ihr Reden- traf auf dem Flur den Arzt, der mir sagte, trotz aller Medikamentengabe würden ihre Werte immer schlechter. Passte so gar nicht zu ihrem Erscheinungsbild..Abends bekamen wir einen Anruf, daß sie ins Koma gefallen war, wir fuhren hin und zwei Tage später starb sie dann. Einfach so, wie "hinübergeschlafen"....

Mir fiel die Pflege von Oma nicht schwer, es war für mich wie ein Stück wiedergeben von dem, was ich als Kind - Oma wohnte bei uns zu Hause- von ihr bekommen hatte. Am schlimmsten fand ich dieses ständige Angebundensein- ein kleines Kind kann auch nicht allein bleiben, aber das kann man wenigstens schnell ins Auto packen und mit zum Einkaufen nehmen, bei pflegebedürftigen alten Menschen geht das schlecht....

Und- über Jahre einen körperlich voll fitten, aber geistig abwesenden Patienten zu betreuen, das geht sicher über die Kräfte der pflegenden Person hinaus.

Von daher würde ich diese Arbeit - als Angehörige- nur übernehmen, wenn ich das wirklich möchte- und nicht aus Pflichtgefühl oder irgendwelchen Erwartungen von anderen heraus. Das bedeutet in Extremfällen, daß man 10 Jahre - oder noch länger, je nachdem- ununterbrochen um diesen Patienten herum sein muß, der mitunter wirklich bösartig sein kann ( je nachdem, wo die Demenz beginnt, verändert sich auch die Persönlichkeit, hat man mir mal gesagt). Da sollte man auch auf genügend Freiräume für die pflegende Person achten. Besonders nett sind ja dann immer die weitläufigen Verwandten, die ein, zweimal im Jahr aufkreuzen, sich mit dem Patienten unterhalten und hinterher sagen, was jammern die denn,Opa ist doch noch ganz fit, er wusste ja noch alles, was wir als Kinder gemacht haben, wusste teilweise noch Dinge, die man selber längst vergessen hatte- die machen ihn wahrscheinlich kränker, als er ist, um Pflegegeld - oder später das Erbe- zu kassieren....

Ja, daß Opa noch alles von früher weiß, bestreitet ja niemand. Aber das Opa morgens vergessen hat, daß er noch ohne Hosen rumläuft, weil ihm beim Anziehen was dazwischenkam oder daß vor 30 Minuten Mittag gegessen hat und trotzdem klagt, nie bekäme er was zu essen- das bekommen die Herrschaften ja nicht mit...Das Kurzzeitgedächtnis geht nämlich zuerst "kaputt". 
Viele Patienten "retten" sich auch über ihr Langzeitgedächtnis. Fragt man, wie alt er/sie denn sei, kommt als Antwort: "Ich bin von 1927", weil er das noch weiß, nicht aber, weilches Jahr wir jetzt gerade haben.....

Offline Nike

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Re: Alzheimer und Demenz
« Antwort #41 am: 27.09.11, 13:12 »
@ Sasa, da steckt sooooo viel Wahres drin...!!! Habe im Frühjahr wochenlang meinen Opa gepflegt (8 Wochen lang, nach einem Schlaganfall und einem Herzinfarkt, also wirklich Schwerstpflege), damit er zu Hause sterben konnte (das war sein großer Wunsch). Es war hart und ich war oft am Ende - aber ich bin froh, dass ich´s getan habe. Es war wirklich ein "Wiedergeben" für alles, was er in meiner Kindheit geleistet hat. Meine Oma ist schwer dement und redet viel Wirres - aber dass die Seele da ist, merkt man sehr. Auch ihr Warten auf mir unbekannte Personen kenn ich gut  ;D, und ich reagiere auch immer mit so kleinen Geschichten (die sie mir dann natürlich auch nicht immer abnimmt  ;D). Wir hatten bis vor 2 Wochen ein sehr harmonisches "Zusammenleben" (in ihrem Haus, ich war fast täglich da), zusammen mit unserer traumhaften polnischen Pflegekraft. Dann hat ihr gesetzlicher Betreuer sie regelrecht wegschaffen lassen (ohne mich in Kenntnis zu setzen, ich wurde von der Pflegekraft informiert und konnte meine Oma gerade noch im Krankenwagen beruhigen, nachdem man sie schreiend und weinend dorthin geschleift hat!). Er hat sich die letzten Jahre um gar nichts gekümmert (genauso wie meine Mutter, deshalb war die auch dagegen, dass ich die gesetzliche Betreuung übernehme  >:() - und sagte, er musste jetzt mal ein Zeichen setzen, wer hier die Macht habe (Zitat!). Einfach nur zum Brechen. Jetzt sitzt Oma in einem Altersheim, ist super ungepflegt, isst ihre Papierservietten, weil niemand darauf achtet - und freut sich immer sehr, wenn ich komme. Dann fragt sie, wo mein Auto steht  ;)

Offline Selina

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Re: Alzheimer und Demenz
« Antwort #42 am: 27.09.11, 13:31 »

Hallo zusammen,

ich möchte sagen, dass es für den Betroffenen keine Belastung ist, wenn der Verstand vergeht. Vielleicht am Anfang noch ein wenig, weil sie es dann doch noch merken aber dann gehts ihnen plötzlich besser.
Die große Frage ist nur, wer soll das bezahlen, denn nicht jeder kann zu Hause gepflegt werden.

Wenn jemand noch viel zu jung ist und eine schmerzhafte Krankheit hat und auch noch weiß, dass diese K. seinen tot bedeutet, dann ist es schlimm.

Liebe Grüße von Selina

mouhkouh

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Re: Alzheimer und Demenz
« Antwort #43 am: 27.09.11, 15:01 »
Mein Großvater ist auch dement, 89 Jahre alt. Die Krankheit ist innerhalb eines Jahres rasend fortgeschritten, letzten November hat er sich noch mit meiner Großmutter alleine versorgt, jetzt hat er Pflegestufe 1 (im Mai bekommen). Das Kurzzeitgedächtnis ist komplett weg, das Langzeitgedächtnis funktioniert noch tadellos. Er weiß z.B. wer ich bin, erkennt aber meinen Mann und seine Urenkelin nicht, bzw. vergisst sie.
Es ist gut, das er nicht mehr merkt, was mit ihm passiert...daran würde er kaputtgehen. Er war immer ein furchtbar patenter Mann, war im Krieg Kampfpilot, war in Stalingrad, 70 Jahre Unfallfrei Auto gefahren, in zwei Jahren 70 jähriges Hochzeitsjubiläum. Handwerker, Wanderer, Geschichtenerzähler. Das ist alles weg.
Er lacht noch immer wie Heinz Erhard, genau die gleiche Lache, genau der gleiche Dialekt. Aber das Lachen ist vielmehr Verlegenheitslachen, weil er nicht weiß was er sagen soll  :-[
Anfang November fahren wir wieder hin, möglicherweise ist es das letzte Mal, das ich ihn sehen werde, wer weiß das schon. Meiner Oma ist es schrecklich peinlich, aber ich hab sie beruhigt- für mich ist Opa immer noch der Opa aus meiner Kindheit, das wird sich auch nicht ändern, egal wie er inzwischen ausschaut und wie er sich benimmt. Das freut sie sehr. Mich auch ;)


Offline gammi

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Re: Alzheimer und Demenz
« Antwort #44 am: 27.09.11, 15:47 »

Anfang November fahren wir wieder hin, möglicherweise ist es das letzte Mal, das ich ihn sehen werde, wer weiß das schon. Meiner Oma ist es schrecklich peinlich, aber ich hab sie beruhigt- für mich ist Opa immer noch der Opa aus meiner Kindheit, das wird sich auch nicht ändern, egal wie er inzwischen ausschaut und wie er sich benimmt. Das freut sie sehr. Mich auch ;)



Nur ist es einfacher, einmal hinzufahren und zu besuchen als immer damit konfrontiert zu werden und täglich damit umgehen zu müssen.

(Im Moment bin ich in der Hinsicht von Verwandten, die ab und zu mal kommen und große Reden schwingen leider ziemlich empfindlich )
Enjoy the little things