...einleitend; ich finde es auch etwas daneben, dass sich der (sage ich jetzt bewusst obwohl ich ihn nicht kenne) Alois nicht an der Diskussion beteiligt. Ist eigentlich etwas daneben in einem Forum. Da kommt man sich schon ausgehorcht vor!
Zumindest einige Gegenfragen auf einzelne Beiträge wären angebracht um auch zu checken, er nimmt uns ernst.
Aber egal!
Ich hatte in meiner Kindheit als Enkelin und später in meinem Beruf mit Toten zu tun.
Als Enkelin hab ich darum gebetet, dass meine Oma sterben durfte weil sie bei uns daheim in der Küche krank darnieder lag und es keine Hoffnung gab. Es wurde jeden Tag schlechter, sie konnte kein Essen mehr behalten; nicht mal mehr was zu trinken. Infolge trocknete sie aus und lechzte nach Flüssigkeit. Heute gäbe man eine Infusion. Auch daheim im Pflegealltag. WEIL HEUTE ALLES ETWAS EINFACHER GEWORDEN IST!!!
Sozialstationen wie es sie heute gibt waren damals Fehlanzeige!!!
Die Verwandten auf sich alleine gestellt.
Meine Eltern wechselten sich ab in der Nachtwache und kamen kaum mehr zum Schlafen. Meine Oma hatte eine Glocke. Wenn sie was brauchte läutete es bei meinen Eltern im Schlafzimmer. Hatte mein Onkel installiert.
Irgendwann an einem Sonntag läutete morgens die Glocke nimmer. Oma war gestorben und meine Eltern konnten ausschlafen! Irgendwann wurde mein Vater wach und wunderte sich ob der Helligkeit draußen und warum Oma nicht rief...
Damals war ich zwölf und ich war für Oma auch irgendwie erleichtert. Gott hatte mein Gebet erhört!
Mein Opa starb knapp drei Monate vorher. Er allerdings beging Suizid.
5 Jahre später brachte es mein zu erlernender Beruf mit sich (ich war damals im Vorpraktikum zur Altenpflegerin) dass ich sehr oft mit Toten und Sterbenden zu tun hatte.
Ich habe Menschen sterben sehen, wo sich Angehörige einfanden. Bei mir sind Leute gestorben die so ganz alleine von uns gegangen sind. Und manche habe ich alleine oder mit einer Kollegin begleitet. Alleine musste niemand sterben - außer es war überraschend.
Vermutlich könnte ich da einen Roman schreiben über jede(n) einzelnen. Und so unterschiedlich wie die Leute gelebt haben, so sind sich auch verschieden.
Wenn man in dem Beruf steht, dann denke ich, kann man sich auch vorm Tod nicht abwenden.
Aber ich finde, jeder Mensch stirbt sehr individuell. Da findet man sehr krasse Gegensätze!
Meine Mutter hatte genau gewusst dass sie sterben würde. Aber sie ist noch aufrecht ins Krankenhaus gegangen und dort mit dem Taxi hingefahren, das sie selber organisiert hatte.
Sie hatte schon während ihrer Krankheitsphase keine Fragen an mich gestellt weil sie ganz genau gewusst hat, dass ich ihr nur die Wahrheit hätte sagen können oder sie anlügen. Beides wollte sie nicht.
Ich habe es akzeptiert und konnte bei ihrem Sterben nicht dabei sein. So wie wir im Leben oft sehr unterschiedlicher Meinung waren, so hat sie es wohl vorgezogen obwohl ich immer im Krankenhaus anwesend war, sehr schnell in der Nacht zu versterben wo sie es mit sich alleine abmachen konnte.
Ich brauche nicht zu sagen, dass unsere Nachbarn daheim von ihrer schweren Krankheit gar nichts wussten.
Mein Vater war wesentlich älter wie meine Mutter. Er realisierte schon den Sachverhalt nicht, dass Mama zum Sterben ins Krankenhaus ist. Ich hab ihm dann korrekt und sehr direkt gesagt: "Du, die Mama kommt nimmer heim! Die ist so schwer krank; die wird im Krankenhaus sterben!" Es war hart. Aber ich wollte ihn nicht hinhalten. Er hat es akzeptiert mit fragendem Blick.
Mama ist dann gegangen und ein gutes Jahr später auch er!
Bei ihm hat wohl die ganze Kriegszeit und hinterher 7 Jahre sibirische Gefangenschaft das Nötige dazu beigetragen. Und das mit Mama hat ihm vermutlich den Rest gegeben. Er hat es getragen wie die Frontkämpfer damals eben alle: Aufrecht, ohne Murren und den Blick geradeaus!
Meinen Vater habe ich im eigentlichen Sterben sehr eng begleitet. Er hatte einen Magendurchbruch und wurde noch operiert. Zuvor wollte er wohl noch mit mir reden. Hat von seiner Gefangenschaft erzählt und was ihm von daher belastet hat. Früher hat er davon überhaupt nicht gesprochen mir gegenüber. Es war nichts Schlimmes; kein Vergehen was er begangen hätte (er war im Versorgungstrupp in der Küche im Krieg). Aber anscheinend hat ihn zum Beispiel das Sterben seiner Mitgefangenen sehr bewegt von denen man sich dann das Brot holte, was unterm Holzkeil lag was ihnen als Kopfkissen diente.
Am nächsten Tag wurde er operiert und erwachte dann nicht wieder. Ich bin ein Monat in eines der größten Krankenhäuser nach München gefahren; täglich! Dann war Mai und wir haben mit Silieren begonnen. In meiner Familie hatte niemand mehr so richtig Verständnis, dass ich diese tägliche Krankenhauszeit aufbrachte. Ich hatte damals ja auch noch kleine Kinder. Der Jüngste war gut 3 Jahre alt. Ich hab dann mal einen Tag ausgesetzt und genau an dem Tag verstarb er.
Ich hab mir keine Vorwürfe gemacht. Ich mache sie mir auch heute nicht. Es war einfach zu Ende. Mein Vater hatte auch eine schwere Herzerkrankung. Und letztendlich war eigentlich mein Vater schon verstorben als er noch in der internen Klinik lag von wo er zur Operation dann verlegt wurde. Eben da, als er mit mir zuletzt gesprochen hatte. Es waren nur die Maschinen die ihn da im Koma am Leben hielten. Gestorben war er schon einen Monat zuvor.
Ihn habe ich schwer vermisst!
Aber ich betreibe deswegen keinen Totenkult.
Ich pflege das Grab weil ich es meinen Eltern schuldig bin. Lebendig wird deshalb niemand mehr!
Schuldig bin ich ihnen die Grabpflege nur deshalb weil ich weiß, dass meine Mutter das so auch für ihre Altvorderen so gemacht hat. Mein Vater hätte es vielleicht sogar verstanden wenn ich das Grab aufgegeben hätte. Ich habe somit 3 Gräber zu pflegen und immer wieder neu aufzukaufen.
Ich denke während ich diese Zeilen schreibe an die vielen Menschen die im Zuge des letzten Krieges ihr Leben lassen mussten.
Ich denke an Menschen, die in den vielen Konzentrationslagern vergast, verbrannt oder in Massengräbern verscharrt wurden.
Ich denke an die Kinder damals die über Leichen steigen mussten, ihre Eltern verloren haben, sich im Kleinkindalter alleine durchschlagen mussten und sich ständig neuen Gefahren gegenübergestanden sind.
Dieses Denken kann man ausweiten und an die Mütter denken die damals ihren Kindern beim Sterben zusehen mussten infolge von Mangel und Not oder weil sie nicht der gewünschten Rasse angehörten.
Ebenso die Kinder die ihre Eltern beim Sterben begleitet hatten unwissend was nun geschieht und die hinterher im Zug wieder weiter marschieren mussten.
So was geschieht auch heute noch. Und das 2012!!! Das muss man sich mal vorstellen! Es sind nur andere Kontinente die es betrifft!
Uns geht es doch eigentlich gut!
Und hier in meinem Umfeld nimmt man sich schon der Sterbenden und der Trauernden an. Man findet, wenn man es will psychologische Betreuung.
Beim plötzlichen Tod eines lieben Menschen der hier bei uns am Hof verstarb kam gleich ein Kriseninterventionsteam mit.
Als mein SV sich das Leben nahm hatte man uns auch gefragt ob jemand vom KIT kommen sollte oder ob uns lieber ein Geistlicher wäre. Und es kam dann auch jemand; obwohl unser Pfarrer gar nicht da war.
Wo bitte hatte man das früher?
Da muss ich Fanni schon recht geben. Sie hat es genau getroffen in ihrem Posting!
Meine Kinder waren beim Sterben auch nie außen vor! Teilweise waren sie sehr intensiv damit beteiligt.
Bei meinen Eltern habe ich sie im kleinen Alter auch mit zur Beerdigung genommen. Bei uns daheim (75 km von hier) ist das durchaus üblich. Unverständnis erntete ich eher hier daheim wo man mich fragte ob ich die Kinder denn zur Beerdigung mitnehmen wollte.
Ich denke am Land wo Kinder mit Hasen, Kühen und Katzen aufwachsen und die Kleintiere auch oft selbst beerdigen müssen, da braucht man sich weniger Gedanken machen. Hier ist der Tod noch etwas, was zum Leben gehört!
Allerdings habe ich vier Jahre in der Großstadt gelebt und gearbeitet und habe da auch solche und solche Menschen kennen gelernt. Die einen haben sich damit auseinander gesetzt und andere wiederum sind daneben gestanden als ginge sie das Ableben der Verwandten gar nichts an.
Das kann man aber hier auch manchmal finden. Ich denke, das ist kein Phänomen der heutigen Zeit oder der Großstadt.
Wenn jemand nach außen auch total ablehnend ist und gar keine Trauer zeigt, dem Toten nicht am Schluss noch begleitend zur Seite steht oder ihn ein letztes Mal umarmt oder eben nicht will dass er länger daheim aufgebahrt wird,