Autor Thema: Geförderte Abhängigkeit  (Gelesen 22620 mal)

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Offline schlepperbandeTopic starter

  • Mitglied
  • *
  • Beiträge: 72
Re: Geförderte Abhängigkeit
« Antwort #30 am: 06.09.11, 21:41 »
Was wertvoll ist, wird nicht so schnell weggeworfen. Wertvoll ist, was teuer ist. Rauf mit den Preisen. Schön langsam, damit die Löhne auch mitsteigen können.

Raute

  • Gast
Re: Geförderte Abhängigkeit
« Antwort #31 am: 07.09.11, 07:49 »
Es ist ja nichts mehr wertvoll was die Nahrung betrifft, jedenfalls nicht für die Allgemeinheit. Die Deutschen geben immer noch zu wenig für Ihre Ernährung aus.

Es wird nur noch auf Masse produziert, weil der Verbraucher das so will, lieber ein Luxusauto fährt, ein Eigemheim hat und 2 mal im Jahr all inclusiv bucht, und damit auch noch meint, die besuchten Länder großzügig zu unterstützen. Von Land und Leute nichts wissen wollen, auch da zählt nur : Billig Essen, trinken und rauchen, sich daneben zu benehmen und am Strand zu liegen.
Echt zum k......

Manchmal schäm ich mich, ein Teil dieser Gesellschaft zu sein.

Offline fanni

  • Vereinsmitglied
  • *
  • Beiträge: 4655
  • Geschlecht: Weiblich
Re: Geförderte Abhängigkeit
« Antwort #32 am: 07.09.11, 08:46 »

Übrigens: 1 von 3 geschlachteten Kühe, die zerlegt in den Supermärkten angeboten werden, wird weg geschmissen.......




Hallo Raute..........dieser Satz interessiert mich brennend. Hast du da zufällig einen Artikel oder wo ist die Quelle für diese Aussage. Denn genau darüber haben wir uns neulich unterhalten/gestritten.

wäre dir sehr dankbar.
Herzliche Grüße von Fanni

Offline annelie

  • Bayern
  • Vereinsmitglied
  • *
  • Beiträge: 3539
  • Geschlecht: Weiblich
  • Hebt man den Blick, so sieht man keine Grenzen
Re: Geförderte Abhängigkeit
« Antwort #33 am: 07.09.11, 08:56 »

Es wird nur noch auf Masse produziert, weil der Verbraucher das so will, lieber ein Luxusauto fährt, ein Eigemheim hat und 2 mal im Jahr all inclusiv bucht, und damit auch noch meint, die besuchten Länder großzügig zu unterstützen. Von Land und Leute nichts wissen wollen, auch da zählt nur : Billig Essen, trinken und rauchen, sich daneben zu benehmen und am Strand zu liegen.
Echt zum k......

Solche Leute gibts mit Sicherheit, aber ich find die Verallgemeinerung nicht gut. Ich kenne viele Verbraucher, bin ja selber auch einer (wahrscheinlich auch der Verbraucher).  Eigenheim und Auto hab ich auch und bin echt froh drum. Unsere Kinder fahren auch in Urlaub, aber rauchen tun sie nicht, trinken und essen mit Sicherheit, aber (fast) keinen Alkohol und am Strand liegen sie auch nicht, danebenbenehmen, da hoffe ich dass es sich in Grenzen hält  ;).

Die meisten von uns Bäurinnen achten auch beim Einkaufen (von Lebensmittel) auf die Preise. Ich kann auf eine lange Reihe von Molkereiversammlungen zurückblicken, wo ich, von Kolleginnen, scheel angeschaut wurde, weil ich die Produkte der Molkerei kaufe, an die wir liefern, Joghurt, Butter und Käse gäbs doch auch billiger.....
Vergangenheit ist Geschichte,
Zukunft ist ein Geheimnis
und jeder Augenblick ist ein Geschenk.

Liebe Grüße
Annelie

Offline mary

  • in memoriam
  • Bewohner
  • *
  • Beiträge: 9692
  • Geschlecht: Weiblich
  • Baeuerin - Beruf mit Herz
Re: Geförderte Abhängigkeit
« Antwort #34 am: 07.09.11, 09:35 »
Hallo Raute,
warum schämen, ein Teil dieser Gesellschaft zu sein?
Ein Stück weit hat Alois recht, dass Überschüsse den Preis und den Wert mindern.
Braucht man heuer ja nur mit der Obsternte sehen, überall hängen die Bäume voller Obst, stehen an den Strassenrändern Kisten wo Obst umsonst herausgenommen werden kann, stehen Schilder von Obst gratis.
Der grosse Treck zum billigen Obst ist mir jetzt noch nicht untergekommen.
Wertvoll scheinen immer die Dinge zu sein, die gerade Mode sind oder die knapp sind.
Dank unseres imensen Fleisses ist das Lebensmittel zum Nahrungsmittel geworden.
Ob das, was uns im Fernsehen über das Verhalten der Menschen vorgestellt wird, dann auch wirklich stimmt- das wissen nur die, die diese Filme gemacht haben.
Irgendwie ist Landwirtschaft ein schwieriges Geschäft, die einen treiben uns zum Produzieren, die anderen verteufeln uns dafür.
Ich muss da oft an die Geschichte mit dem Mann und dem Esel denken, der als Fazit rausfindet, dass man es allen nie recht machen kann.
Meine Haushaltsbuchführung und meine Hobbyselbermacherei haben mir auf alle Fälle bewiesen, dass ich als Verbraucherin auch mit einem nicht übermässig üppigem Buget "wertvoll" leben kann. Somit ist das Argument entkräftet, dass Geld den Einkauf entscheidet.
Nur macht mein Hobby auch Arbeit und kostet Zeit, die uns als so wertvoll vorgemacht wird, die wir entweder mit Arbeit oder mit Einkaufen verplanen sollen.
Wie es gelingen kann, Lebensmittel wieder als wertvoll zu erfahren- das ist eine Frage, die mich auch oft beschäftigt.
Heute riecht das ganze Haus nach Knoblauch, Zwiebeln und Paprika, alles im eigenen Garten gewachsen und gestern abend in Gläser gefüllt.
Nach dem System der geförderten Abhängigkeit würde ich keinen Gemüsegarten haben und alles kaufen.
Heute werd ich die Nudelmaschine anwerfen, fannis Nudelrezept machen, den Rest von der gestrigen Parikasosse dazu, einen Salat vom Garten holen, wenn das Wetter passt, draussen Mittag den Tisch decken und diese eigene Wertschöpfung von Herzen geniessen.
Das ist meine Form von "wertvoller Veredlung der Zeit".
Wenn ein Drittel der Lebensmittel weggeworfen werden, empfinde ich als Schande, aber erst seit ich vieles selbst mache, bin ich wie ein Haftelmacher dahinter, dass nichts verdirbt, weil ich um die Arbeit und den Einsatz bei den Lebensmitteln weiss.
Wer sein Gemüse im eigenen Garten zieht, der schmeisst es auch nicht weg, was nicht mehr gegessen wird, kommt auf den Kompost.
Kompost ist dann wieder Nahrung für die Pflanzen.
Wer in diesem Kreislaufdenken drin ist, denkt anders, wer alles fertig kauft, hat nicht die Beziehung und Bindung zu den Lebensmitteln.
So gesehen, ein kleines Gartenbeetchen würde hier wohl vieles zum Positiven verändern.
herzl. Grüsse
maria

Schneekristall

  • Gast
Re: Geförderte Abhängigkeit
« Antwort #35 am: 07.09.11, 10:07 »
Was wertvoll ist, wird nicht so schnell weggeworfen. Wertvoll ist, was teuer ist. Rauf mit den Preisen. Schön langsam, damit die Löhne auch mitsteigen können.

Hallo Alois,

ich hab nichts gegen eine Lohnerhöhung  8)  aber wenn die Löhne mitsteigen dann werden die Lebensmittel ja nicht wertvoller!? Weil wenn alles teurer wird dann ändert sich am Verhältnis nichts, oder hab ich einen Denkfehler in der Sache?

Viele Grüße,
Schneekristall

Offline Susanna

  • Bewohner
  • *
  • Beiträge: 966
  • Geschlecht: Weiblich
Re: Geförderte Abhängigkeit
« Antwort #36 am: 07.09.11, 10:18 »
ich hab nichts gegen eine Lohnerhöhung  8)  aber wenn die Löhne mitsteigen dann werden die Lebensmittel ja nicht wertvoller!? Weil wenn alles teurer wird dann ändert sich am Verhältnis nichts, oder hab ich einen Denkfehler in der Sache?
Aber mit höherem Lohn steigt die Kaufkraft und damit die Möglichkeit, höherwertige Lebensmittel einzukaufen, bzw. mehr Geld für Lebenshaltung auszugeben.

Ich bin auch gegen die Verallgemeinerung, Raute.
Ich kenne viele Menschen, auch sehr viele Nicht-Landwirte, Kollegen, Freunde, die einen großen Teil ihres Geldes für frische Lebensmittel ausgeben, weil sie gesund leben wollen. Natürlich liegen diese Menschen auch gerne mal am Strand oder machen Urlaub, haben ein Auto und/oder ein Eigenheim, warum auch nicht.
Was ich sagen möchte ist, auf meinem Radar ist noch niemand aufgetaucht, der weniger oder schlechter isst, damit er sich den Urlaub und das Auto leisten kann.
Viele Grüße
Susanna

Schneekristall

  • Gast
Re: Geförderte Abhängigkeit
« Antwort #37 am: 07.09.11, 10:36 »
ich hab nichts gegen eine Lohnerhöhung  8)  aber wenn die Löhne mitsteigen dann werden die Lebensmittel ja nicht wertvoller!? Weil wenn alles teurer wird dann ändert sich am Verhältnis nichts, oder hab ich einen Denkfehler in der Sache?
Aber mit höherem Lohn steigt die Kaufkraft und damit die Möglichkeit, höherwertige Lebensmittel einzukaufen, bzw. mehr Geld für Lebenshaltung auszugeben.
...

Vielleicht kurzfristig, aber ich sehe das eher als Kreislauf: Löhne sind Kosten, und die werden wieder umgelegt. Wenn also z.B. der KFZ-Mechaniker eine Lohnerhöhung bekommt dann werde ich als Werkstatt-Kunde das auf der Rechnung zu spüren bekommen. Und so dient meine eigene Lohnerhöhung dann dem Ausgleich der Inflationsrate, aber eine höhere Kaufkraft hab ich nicht  :-\

Liebe Grüße,
Schneekristall

Offline Susanna

  • Bewohner
  • *
  • Beiträge: 966
  • Geschlecht: Weiblich
Re: Geförderte Abhängigkeit
« Antwort #38 am: 07.09.11, 11:27 »
Schneekristal, ich gebe Dir Recht, wenn Du von einer alljährlich wiederkehrenden Lohnerhöhung sprichst.
Ich meinte allerdings den höheren Lohn, bzw. das höhere Gehalt. Die tarifbedingten Erhöhungen dienen dem Inflationsausgleich, das stimmt.
Aber unsere Mittelschicht, die sich auf einem - ich nenne es mal "vernünftigen" Gehaltsniveau bewegt, sollte sich wohl eine gesunde, "wertvolle"  Ernährung leisten können.
Deshalb sage ich auch, rauf mit den Preisen. :)
Viele Grüße
Susanna

Offline Mathilde

  • Vereinsmitglied
  • *
  • Beiträge: 3013
  • Geschlecht: Weiblich
Re: Geförderte Abhängigkeit
« Antwort #39 am: 07.09.11, 12:34 »
Braucht man heuer ja nur mit der Obsternte sehen, überall hängen die Bäume voller Obst, stehen an den

Liebe Maria,

das ist ein Trugschluss! Bei uns sind 75 % der Apfelblüten im Frühjahr erfroren und somit wird auch 75% weniger geerntet. Ich kann dieses Jahr kaum Apfelsaft selbst pressen weil die Äpfel auch noch durch den Wind vorzeitig vom Baum fallen und nicht reif sind. Also bitte etwas vorsichtig mit Pauschalurteilen. Ich weiss dass es bei Euch fast eine Apfelschwemme ist. Wie sagte mal eine Bäuerin die unser Pfarrer beim Äpfelaufsammeln getroffen hat "oh Herr Pfarrer das ist ein böser Segen"  :-\

LG Mathilde
Gelassenheit ist eine anmutige Form des Selbstbewusstseins

Marie von Ebner-Eschenbach

Schneekristall

  • Gast
Re: Geförderte Abhängigkeit
« Antwort #40 am: 07.09.11, 12:35 »
Hallo Susanna,
ja, ich bin von der tariflichen Lohnerhöhung ausgegangen.
Liebe Grüße,
Schneekristall

Schneekristall

  • Gast
Re: Geförderte Abhängigkeit
« Antwort #41 am: 07.09.11, 13:05 »
Zum Thema "Preise rauf - Lebensmittel sollen zu wertvoll zum wegwerfen sein":

Nehmen wir das Beispiel von Raute mit dem "Überangebot": wenn von 3 geschlachteten Rindern das Fleisch von 1 Rind weggeworfen wird...

Vorab: Ich finde es auch nicht richtig dass mit Lebensmitteln so umgegangen wird!!!  :'(

Aber: Unser ganzes System beruht momentan auf diesem ständigen (Über-)Angebot und auf dem ständigem Konsum. Wenn der Supermarkt kein Fleisch mehr entsorgen darf/will, wird er weniger einkaufen/anbieten. Dann noch unsere Forderung "Preise rauf". Folge: der Kunde kauft weniger weil er
1. nicht immer das bekommt was er kaufen möchte (z.B. Filet = ausverkauft)
2. sparen muss/will wg. der höheren Preise

Folge für uns Landwirte: Es werden nicht mehr 3 Rinder benötigt sondern nur noch max. 2 Rinder. Wir können unser Schlachtvieh nicht mehr verkaufen wann WIR wollen, sondern wenn der Bedarf da ist. Dann ist vielleicht mal der Bedarf da und wir können nicht "liefern".
Gleiches würde bei Obst, Gemüse, Milchprodukten usw. passieren
Wir bekämen zwar einen höheren Preis pro kg/Liter/Stück, der Absatz wäre jedoch nicht jederzeit möglich.

Wie würden wir reagieren?

Würden wir uns aus der "geförderten Abhängigkeit" befreien und z.B. kein Futter ex USA mehr füttern?

Würden wir bei höheren Lebensmittelpreisen unsere Produktion drosseln, z.B. weniger intensiv wirtschaften?


Das Thema ist so umfangreich und hängt mit sovielem zusammen, da wird mir direkt schwindlig...  :o

Nachdenkliche Grüße,
Schneekristall


Offline muellerin

  • Vereinsmitglied
  • *
  • Beiträge: 899
  • Geschlecht: Weiblich
  • Power to the Bauer!
Re: Geförderte Abhängigkeit
« Antwort #42 am: 07.09.11, 14:27 »
Hallo Raute,

Du hast völlig Recht, das ganze System ist sehr komplex.
Sogar die Wissenschaftler sind sich nicht einig, wenn man 3 zu dem Thema befragt, bekommt man 3 verschiedene Antworten.

Ich denke, jeder verantwortungsvolle Mensch, so wie wir Landwirte das ja auch sind, findet diese Verschwendung von Lebensmitteln frevelhaft.
Aber ich hoffe, dass sich der Umgang mit den Lebensmitteln in den nächsten Jahren auch bei uns ändern wird, wenn diese Schritt für Schritt teurer werden (durch Erhöhung der globalen Nachfrage).

Ich hoffe auch, dass wir es noch erleben werden, dass wir von dem System der Ausgleichszahlungen insgesamt wegkommen.
Besser wäre ein System, das nur für Notlagen zur Verfügung steht.

Ich glaube allerdings nicht, dass sich z.B. die Tierbestände bei den heutigen Herdengrößen dauerhaft konservieren lassen.
Der wissenschaftlich-technische Fortschritt und der Strukturwandel, die Fachkräftesituation usw. sprechen dagegen.
Junge Leute, die heute die Wahl haben zwischen einem Großbetrieb mit Melkkarussel und geregelten Arbeitszeiten, und einem Familienbetrieb mit geteilter Schicht, wählen fast immer die erste Möglichkeit.

In größeren Einheiten rechnen sich auch in der Regel die Investitionen in das Tierwohl und das Menschenwohl besser.

LG
Müllerin

Schneekristall

  • Gast
Re: Geförderte Abhängigkeit
« Antwort #43 am: 07.09.11, 15:58 »
Ehrlich gesagt, tue ich mich schwer, von einem " Nicht Bauern" solche Artikel und Meinungen zu aktzeptieren.
...

Hallo Raute,

schwer tue ich mich eigentlich nur damit, dass ich die Eingangs-Beiträge von Alois zu einem neuen Thema meistens 2mal lesen muss, um bei einer evtl. Antwort nicht off-topic zu sein  ;D  ;)

Spaß beiseite: Ich finde allgemein die Meinungen von "Nicht-Landwirten" interessant. Ich höre es gerne, wie Leute die Dinge aus einem anderen Blickwinkel sehen und mache mir meine Gedanken dazu. Man kommt oft zu Erkenntnissen die man sonst nicht gehabt hätte, zumindest mir geht es so  8)

Liebe Grüße,
Schneekristall

Offline muellerin

  • Vereinsmitglied
  • *
  • Beiträge: 899
  • Geschlecht: Weiblich
  • Power to the Bauer!
Re: Geförderte Abhängigkeit
« Antwort #44 am: 07.09.11, 18:27 »


Spaß beiseite: Ich finde allgemein die Meinungen von "Nicht-Landwirten" interessant. Ich höre es gerne, wie Leute die Dinge aus einem anderen Blickwinkel sehen und mache mir meine Gedanken dazu. Man kommt oft zu Erkenntnissen die man sonst nicht gehabt hätte, zumindest mir geht es so  8)

Liebe Grüße,
Schneekristall

Wobei wir wieder bei der Diskussion sind, wer sich Landwirt nennen darf und wer nicht.
Für mich ist auf alle Fälle jeder Landwirt, der diesen Beruf gelernt hat. Egal, ob er heute selber melkt oder einen eigenen Hof bewirtschaftet oder nicht.
Insofern ist Alois für mich sehr wohl den Landwirten zuzurechnen.

LG
Müllerin