Ich nehme mir ab und zu vor, in der Bibel zu lesen, aber ich glaube im Grunde meines Herzens nicht, dass mir das wirklich etwas bringt.
Kennt ihr den Spruch "da wär ein Gelernter ja ein Depp"? Das sagt man bei uns, wenn ein Laie etwas machen will, wozu man eine Ausbildung braucht.
Ich will damit nicht sagen, dass man Theologie studiert haben muss um die Bibel zu verstehen, aber soviel ich mitgekriegt habe, ist die Auslegung der Bibel ein wichtiger Teil des Theologiestudiums. Nicht umsonst wird beim Gottesdienst zuerst aus der Bibel vorgelesen und dann predigt der Pfarrer über dieses Thema, erklärt es im besten Fall verständlich aus seiner Sicht. Die Bibel Wort für Wort so zu nehmen, wie es drin steht halte ich für äußerst gefährlich, dafür ist sie meines Erachtens nicht geschrieben. Ich kenne Angehörige der Zeugen Jehovas, die ihre Tochter verstoßen haben als sie schwanger wurde, weil das angeblich so in der Bibel steht. Eine solche Unmenschlichkeit halte ich für nicht Gott gefällig und kann mir nicht vorstellen, dass er das so möchte. Ich mag Wortklaubereien weder in der Poesie noch in der Religion, ein Gedicht zu zerpflücken nach dem Motto "was hat der Dichter damit gemeint" kommt mir wie ein Ausschlachten vor. In der Religion kommt es mir auf das große Ganze an, auf den Glauben an eine höhere Macht, die es gut mit uns meint und den guten Umgang untereinander. Das lasse ich mir von einer Bibelstelle, die jemand aus dem Zusammenhang gerissen und ohne die Bedeutung zu kennen zitiert nicht kaputt machen.
Ich bewundere jeden, der sich ohne Fanatismus zu seinem Glauben bekennt. Aber ich mag diese Hausbesuche nicht. Da kommen wohl vorbereitete Menschen zu mir, klingeln mich vom Kochen, Gärtnern oder Besuch weg und erwarten mit mir ein gutes Gespräch zu führen. Wenn man sich darauf einlässt, dann zitieren sie eine Bibelstelle, auf die sie sich gut vorbereitet haben, die ich vielleicht noch nie gehört oder gelesen habe und wollen darüber diskutieren. Ich fühle mich dabei übervorteilt und unangenehm berührt. Das ist keine gute Grundlage für ein wichtiges Thema. Ich finde manche sehr sympathisch, aber diese Überfälle mag ich einfach nicht.
Jedem, dem die Bibel Rat und Trost ist, sei das gerne gelassen, ich selbst bin nicht der Mensch, der alleine da durch finden will.
Liebe Grüße,
Everl
