Vertical Farms – Science Fiction-Farming?

Die Landwirtschaft rückt – nicht nur wegen der aktuellen Preisentwicklung von Lebensmitteln – wieder in den Focus der Gesellschaft. Auch über ihre Zukunft in Zeiten von Rohstoffknappheit, Klimawandel und ‚Bevölkerungsexplosion‘ wird nachgedacht.

‚Wird das Getreide in Zukunft in Hochhäusern angebaut?‘ fragt der best practice blog und stellt das visionäre Konzept Vertical Farms vor. In Gewächs-Hochhäusern soll die Ernährung der zukünftigen Mega-Citys gewährleistet werden.

Die aufgeführten Gründe und Vorteile für das Konzept der Vertical Farms erscheinen – zumindest teilweise – nachvollziehbar:

Flächenkonkurrenz (Konsumbedarf der wachsenden Bevölkerung)
Urbanisierung (die Weltbevölkerung wird mehrheitlich in Städten wohnen)
Verbrauchernähe (kürzere Transportwege)
Keine Missernten aufgrund der Unberechenheit der Natur
Größere Planungssicherheit
Neue Jobs dort, wo die Menschen leben
Weniger Chemikalieneinsatz
Weniger fossile Treibstoffe (weing Landmaschineneinsatz)
Ackerland kann regenieren und das Ökosystem áusgleichend beeinflussen

Ob ein solches Modell die Flächenlandwirtschaft ablösen kann erscheint fraglich. Allerdings können veränderte Rahmenbedingungen die aufwändige Gebäudetechnik für bestimmte Nischenproduktionen attraktiv werden lassen.

GewächshausturmNeu ist die Idee allerdings nicht. Indoor-Systeme zur Lebensmittelproduktion (z.B. für Gemüse und Fisch) werden vielerorts entwickelt. Selbst auf der Grünen Woche – allerdings schon 1966 – wurde ein Gewächshausturm vorgestellt (Bild links). Schon damals wußte man: ‚Dieser rund zwölf Meter hohe Gewächshausturm mit automatischen Aufzugssystem reduziert den Flächenverbrauch des witterungsunabhängigen Gemüseanbaus enorm.‘

Das niederländische Projekt Pig City erschien 2001 noch sehr futuristisch und wurde bereits in der Entwicklung als ‚Massentierhaltung‘ angefeindet, obwohl es wesentliche Aspekte der tiergerechten Haltung zu berücksichtigen versuchte. Die Entwickler, die im Jahr 2000 den niederländischen EXPO-Pavillion entworfen hatten, projektierten für die Vision ‚Agropark‘ der niederländischen Regierung ein Hochhaus für Schweine, Hühner, Lachse, Gemüseanbau und Champignonzucht.

In einem mehrstöckigen Gebäude sollte es einen in sich geschlossenen Kreislauf geben: Die Wärme der Schweine heizt das Gebäude, die Gülle ist Dünger für die Pflanzen, mit Schlachtresten werden die Fische gefüttert. Windkraftanlagen auf dem Dach sollten die nötige Energie erzeugen.

Während das Konzept ‚Schweine im Hochhaus‘ in Europa bislang eher skeptisch gesehen wird, geht man in China bereits einen Schritt weiter: mit niederländischem Know-How entwickelt man dort den 27 km² großen‘Greenport Shanghai‚, der als EXPO 2010 – Projekt 8.000 Kühe, 50.000 Schweine, 2 Millionen Hühner, Fischzucht auf über 100 Hektar sowie die komplette Verarbeitungs- und Vermarktungskette beherbergen soll. Geplant ist der Greenport auf der Insel Chongming als Null-Emission-Projekt mit Energieüberschussproduktion, das auch Weiterbildungs- und Freizeiteinrichtungen bietet.

‚Metropolitan agriculture‘ wird also weiterkommen. Die Lebensmittelversorgung von zukünftigen Mega-Citys bei steigenden Transportkosten wird dafür sorgen. Sie wird den Markt der traditionellen Flächenlandwirtschaft mit zunehmender Urbanisierung beeinflussen und mitgestalten.

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