25. April 2008

EU wird an ihren Biosprit-Zielen festhalten

Brüssel/Berlin (agrar.de) – In der EU soll in Zukunft Biokraftstoff verstärkt aus Klärschlamm, Stroh und anderen organischen Abfällen gewonnen werden, sobald diese wirtschaftlich einsetzbar sind. Sie werden Mais und Getreide als Rohstoffquelle ablösen. Daher gäbe es keine Veranlassung, das Ziel aufzugeben, den Biospritanteil bis 2020 auf zehn Prozent anzuheben. Das hat die EU-Kommission angesichts der Vorwürfe betont, die Biospritproduktion sei Ursache weltweit steigender Lebensmittelpreise.

In der EU gibt es nach Mitteilung von Landwirtschaftskommissarin Mariann Fischer Boel keine große Gefahr einer massiven Verlagerung weg von der Lebensmittel- hin zur Biokraftstoffproduktion. Derzeit werde etwa zwei Prozent der Ackerflächen in den EU-Staaten zum Anbau von Pflanzen für Biokraftstoffe verwendet. Die weltweite Verteuerung und Verknappung der Lebensmittel habe letztlich jedoch andere Gründe. Einer davon sei die wachsende Nachfrage aufstrebender Volkswirtschaften wie China und Indien. Während China bis 2002 Nettoexporteur von Agrarerzeugnissen war, habe es nun ein jährliches Agrarhandelsdefizit von sechs Milliarden Euro.

Indiens Agrareinfuhren hätten sich zwischen 1995 und 2005 fast verdreifacht. Weitere entscheidende Gründe für die Preisanstiege sind, so die Kommission in einer Stellungnahme, zwei aufeinander folgende schlechte Ernten in vielen Teilen der Welt – einschließlich Europa – und Ausfuhrbeschränkungen in einer Reihe von Ländern wie Argentinien, Russland und der Ukraine, die zu den wichtigen Versorgern des Weltmarktes gehören. Hungerrevolten wegen der hohen Nahrungsmittelpreise in Haiti, Ägypten und vielen anderen Ländern machten Fehler in der Politik offensichtlich, so EU-Entwicklungskommissar Louis Michel. In den vergangenen Jahren sei die Landwirtschaftspolitik in vielen Entwicklungsländern vernachlässigt worden. Darüber sei er sehr besorgt: „Die starken Preisanstiege haben viele Erfolge bei der Armutsbekämpfung zunichte gemacht.“ Notwendig sei der Ausbau der Landwirtschaft in Entwicklungsländern, sagte Michel.

Hilfsprogramme müssten auf die Erhöhung der Produktion, die Finanzierung von Saatgut und Dünger sowie den Technologie-Transfer zielen. „Die grüne Revolution hat in Asien gut geklappt“, sagte Michel. „Sie muss auch in Afrika funktionieren.“ Ziel müsse es sein, dass sich jedes Land selbst ernähren könne. Michel kündigte an, sich für eine zusätzliche Nahrungshilfe der EU in Höhe von 138,6 Millionen Euro einzusetzen.

Produktionsflächen in der EU ausreichend vorhanden

Das EU-Ziel von zehn Prozent Biospritanteil am Kraftstoffverbrauch hat keine nennenswerte Auswirkung auf die Lebensmittelproduktion und Preise. Das haben eingehende Folgeabschätzungen ergeben. Selbst beim jetzigen Stand der Dinge müssten in der EU nicht mehr als 15 Prozent der Ackerflächen bereit gestellt werden, um das Ziel bis 2020 zu erreichen. Berücksichtigt man die anstehenden Änderungen im Agrarbereich, dann fällt dieser Prozentsatz noch deutlich geringer aus. Die obligatorische Flächenstilllegung, nach der Bauern zehn Prozent ihrer Ackerflächen unbebaut lassen müssen, wird eingestellt. Bei steigenden Erträgen kann ein beträchtlicher Anteil bisher ungenutzter Flächen in den neuen Mitgliedstaaten nutzbar gemacht werden.

Die Agrarpreise werden nicht künstlich hochgehalten, im Gegenteil: Die Ausfuhrsubventionen sind drastisch gesunken, weil sich die Preise in der EU inzwischen dem Weltmarkt weitgehend angepasst haben. Die EU hat sich verpflichtet, alle Ausfuhrsubventionen bis 2013 komplett zu streichen. Nächsten Monat wird die Europäische Kommission Vorschläge vorlegen, mit denen auch die letzten Produktionsbeschränkungen noch aufgehoben und gleichzeitig die Zuschüsse abgeschafft werden, die seit 2003 die Erzeugung der Ausgangsprodukte für Biokraftstoffe ankurbeln sollten.

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