Düsseldorf (agrar.de) – Umweltminister Eckhard Uhlenberg hat heute eine Studie vorgestellt, die die Auswirkungen des Klimawandels auf Nordrhein-Westfalen sowie speziell auch auf die Arbeitsfelder seines Ressorts zusammenfasst. Für die Bereiche Bodenschutz, Wasserwirtschaft, Naturschutz und Biodiversität, Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Jagd und Fischerei sowie für die Gesundheit der Bevölkerung listet das Papier auf, welche Folgen der Klimawandel haben wird, welche Anpassungsstrategien notwendig sind und wo Forschungsbedarf besteht.
‚Die spürbaren Klimaveränderungen der letzten Jahre wie längere Trockenperioden, stärkere Regenfälle oder zerstörerische Stürme wie Kyrill sprechen eine deutliche Sprache. Der Klimawandel findet statt, hier bei uns vor der Haustür. Eine verantwortliche Klimapolitik muss daher auch die Anpassung an die nicht mehr vermeidbaren Folgen berücksichtigen. Wenn wir nicht wollen, dass uns die wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Folgen des Klimawandels überrollen, müssen wir heute anfangen, uns darauf einzustellen‘, so Uhlenberg. ‚Ich möchte die Anpassung an den Klimawandel nun gezielt und systematisch angehen und zu einem festen Bestandteil der nordrhein-westfälischen Klimapolitik machen.‘
Nach den für Nordrhein-Westfalen angestellten Berechnungen könnte die Jahresmitteltemperatur bis Mitte dieses Jahrhunderts um zwei bis vier Grad zunehmen (Grafik). Dadurch wird sich zukünftig auch in Höhenlagen nur noch selten eine geschlossene Schneedecke halten. Durch den Temperaturanstieg erhöht sich aber auch die Wasserdampfmasse in der Luft; damit steigt die Wahrscheinlichkeit von extremen Wetterereignissen wie Stürmen an. Gleichzeitig ist mit einer Abnahme der Regenfälle im Sommer und einer Zunahme der Niederschläge im Winter um jeweils bis zu 30 Prozent zu rechnen (Grafik). Bereits jetzt zeigt der Klimawandel unmittelbare Auswirkungen: Die Apfelblüte beginnt heute im Schnitt zwei Wochen früher als noch in den fünfziger Jahren und die Wassertemperatur des Rheins ist seit Ende der siebziger Jahre um durchschnittlich 1,2 Grad angestiegen.
Als Reaktion auf die Studie plant das Umweltministerium für seinen Geschäftsbereich zunächst drei Schwerpunktthemen: Das Hochwasserschutzkonzept des Landes soll im Hinblick auf den Klimawandel überarbeitet werden, da mit häufigeren kleinen und mittleren Hochwassern zu rechnen ist. Für die Waldbesitzer sollen verlässliche Prognosen über die Auswirkungen der Klimaveränderung erstellt werden, damit sie geeignete Baumarten anbauen können und so stabile Mischwälder entstehen. Den Landwirten sollen künftig auf Basis kleinräumiger Klimadaten konkrete Empfehlungen für den Pflanzenanbau gegeben werden, die die steigenden Temperaturen berücksichtigen. Dazu wird der landesweite Überblick, den die Studie liefert, im Laufe des nächsten Jahres noch um detaillierte regionale Modelle und thematische Risikokarten erweitert. Damit sollen zukünftig Klimaveränderungen bis auf 10 x 10 Kilometer genau berechnet werden können.
Für die Arbeitsfelder des Umweltministeriums geht die Studie unter anderem von folgenden Folgen und notwendigen Maßnahmen aus:
Bodenschutz
Durch häufigere Starkregenereignisse ist mit einer erhöhten Bodenerosion zu rechnen. Die höhere Wassersättigung der Böden kann zudem zu einem verstärkten Eintrag von Schadstoffen in die Oberflächengewässer und zu einer steigenden Hochwassergefahr führen. Notwendig sind hier Forschungsvorhaben, die eine den Boden schonende landwirtschaftliche Praxis entwickeln. Die Flächenversiegelung im Land muss besonders in Hochwassereinzugsgebieten reduziert werden.
Wasserwirtschaft
Durch die höhere Regenwahrscheinlichkeit im Winter ist häufiger mit kleinen und mittleren Hochwassern zu rechnen. Hier wird das Hochwasserschutzkonzept des Landes angepasst. Höhere Niederschlagsmengen machen zudem eine entsprechende Dimensionierung der Kanalnetze notwendig. Durch die trockenen Sommer wird die Landwirtschaft mehr Wasser benötigen; dies muss bei der wasserwirtschaftlichen Planung berücksichtigt werden.
Naturschutz und Biodiversität
Höhere Temperaturen wirken sich direkt auf Verhalten, Fortpflanzung und Nahrungsangebot von Arten aus und führen zu einer Verschiebung von Lebensräumen. Wärme liebende, bisher nicht heimische Arten werden sich Nischen suchen und andere Arten verdrängen. Hier muss ein wirksamer Biotopverbund mit entsprechenden Schutzgebieten aufgebaut werden.
Landwirtschaft
Hier wird es zu einem vermehrten Anbau wärme liebender Kulturen kommen. Daher sind pflanzenbauliche Strategien zur Auswahl und Anbau geeigneter Arten dringend notwendig. In der Tierhaltung ist mit neuen Tierseuchen zu rechnen, wie etwa mit der Blauzungenkrankheit, die über eine bisher nicht heimische Mücke übertragen wird.
Forstwirtschaft
Einige Baumarten wie die Fichte reagieren empfindlich auf Wassermangel, wie er zukünftig zu erwarten ist. Trockene Sommer bieten zudem dem Borkenkäfer ideale Brutbedingungen und erhöhen zugleich das Risiko von Waldbränden. Extreme Sturmereignisse wie Kyrill werden die Wälder zunehmend gefährden. Nordrhein-Westfalen arbeitet daher bei der Wiederaufforstung der sturmgeschädigten Flächen bereits mit speziellen Klimamodellen.
Jagd
Bisher ist nicht erkennbar, dass jagdbare Arten in NRW in ihrer Verbreitung und Bestandsdichte auf den Klimawandel reagiert haben. Wichtig ist aber ein Monitoring, mit dem geprüft wird, ob die Übertragung von Wildtierkrankheiten durch den Klimawandel begünstigt wird.
Fischerei
In den Gewässern sind höhere Wassertemperaturen, stärke Schwankungen im Wasserspiegel und damit verbunden veränderte Artenzusammensetzungen zu erwarten. Durch die Renaturierung von Gewässerabschnitten kann die gewässerökologische Grundsituation verbessert werden.
Gesundheit der Bevölkerung
Hitzeperioden gehen mit einer höheren Belastung durch Feinstaub und Ozon einher. Gleichzeitig könnte es zu einem vermehrten Auftreten bestimmter Überträger von Krankheitserregern – wie Zecken und Mücken – kommen. Hier ist neben dem Ausbau der medizinischen Forschung auch eine entsprechende Aufklärung der Bevölkerung notwendig. Zudem ist ein effektives Krisenmanagement unabdingbar, um mit den Folgen sowohl von Hitzewellen als auch von Stürmen umgehen zu können.
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