23. Mai 2005

RLV: Existentielle Bedrohung für viele Rübenbauern

Bonn (agrar.de) – EU-Agrarkommissarin Fischer-Boel betreibe eine hemmungslose Liberalisierung des Zuckermarktes zu Lasten von über 10.000 Bauernhöfen und Arbeitsplätzen allein in Nordrhein-Westfalen, kommentiert Friedhelm Decker, Präsident des Rheinischen Landwirtschafts-Verband (RLV), ein jetzt bekannt gewordenes internes Papier der EU-Agrarkommissarin Fischer-Boel. Daraus geht hervor, dass eine noch viel stärkere Senkung des Mindestpreises bei Zuckerrüben geplant werde als ursprünglich vorgesehen. Mit einer radikalen Preissenkung um 42,6 Prozent würde nun erst recht ein Kurs gefahren, der nicht nur die deutschen Bauern in massive Existenznöte treibe, sondern auch die 50 ärmsten Entwicklungsländer der Erde erheblich belaste. Gerade diese LDC-Staaten (Least-Developed-Countries) hätten die Agrarkommissarin immer wieder eindringlich um auskömmliche Zuckerpreise für ihre Exporte in die Europäische Union gebeten. Mit diesen vorgesehenen Preissenkungen werde, so Decker, nun eine Politik betrieben, welche nur multinationalen Konzernen und wenige brasilianische Großunternehmen mit großflächigem Plantagenanbau von Zuckerrohr begünstige, die heimische Wirtschaftskraft und die ärmsten Entwicklungsländer hingegen schwäche.

Die Agrarkommissarin habe sich gegenüber dem gemeinsamen Protest von Bauern, Arbeitern und Entwicklungsländern taub gestellt, so Decker weiter. Die einschneidenden Vorschläge seien darüber hinaus eine Missachtung des Willens des Europäischen Parlamentes. Dieses fordere, die Preissenkungen auf ein Mindestmaß zu beschränken. Mit dieser ‚Kopf-durch-die-Wand-Politik‘ müsse die Kommissarin spätestens im Ministerrat scheitern, so Decker. Die Bundesregierung müsse nun endlich der Agrarkommissarin ihre Unterstützung entziehen. Es sei unerträglich, dass Bundesministerin Renate Künast die Linie der Kommission stets verteidige und in der Ausgleichsfrage sogar für Verschärfungen eintrete. Sie müsse endlich ihrer Verantwortung für die landwirtschaftlichen Betriebe und die Arbeitsplätze in der Zuckerindustrie gerecht werden. Dies erfordere nunmehr einen harten Gegenkurs zur Kommission. Von der Bundesregierung sei zu erwarten, dass sie sich bei der Zuckermarktordnung in gleicher Weise gegen die Kahlschlagspolitik der EU-Kommission stelle, wie sie dies bei der EU-Chemikalienrichtlinie getan habe.

Die von der EU vorgesehene Ausgleichsregelung müsse in Deutschland so ausgestaltet werden, hob der RLV-Präsident hervor, dass sie den tatsächlichen Erlöseinbußen aus Preis- und Mengenkürzungen der Rübenbauern gerecht werde und bei diesen auch wirklich ankomme. Der Ausgleich müsse dauerhaft und betriebsindividuell bis mindestens 2013 sichergestellt werden.

Im Zuckerland Nordrhein-Wesfalen hätten sich der Landtag und zahlreiche Landräte über alle Parteigrenzen hinweg klar und deutlich für eine lediglich moderate Änderung der Zuckermarktordnung ausgesprochen, erinnert der RLV-Präsident weiter. Es werde höchste Zeit, dass diese Vorstellungen in der Bundesregierung endlich Gehör fänden. Nicht nur der Sicherung von zigtausend Arbeitsplätzen auf den Bauernhöfen und in der Zuckerwirtschaft sondern auch den Belangen der 50 ärmsten Länder der Erde müsse endlich Priorität eingeräumt werden.

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