Wiesbaden (agrar.de) – ‚Der Gesundheitszustand der hessischen Wälder ist insgesamt als stabil zu bezeichnen, auch wenn es speziell der Buche in diesem Jahr nach dem sehr trockenen und heißen Sommer 2003 deutlich schlechter geht. Der positive Trend der letzten Jahre setzte sich erwartungsgemäß in 2004 deshalb leider nicht fort‘, sagte heute der Hessische Forstminister Wilhelm Dietzel anlässlich der Vorstellung des 21. Waldzustandsberichts 2004 im Hessischen Forstamt Chausseehaus. Die deutlich angestiegene durchschnittliche Kronenverlichtung ist vor allem auf eine gravierende Verschlechterung des Belaubungszustandes der älteren Buchen zurückzuführen. Dieser höhere Blattverlust sei vor allem durch natürliche Ursachen bedingt, erläuterte Dietzel. Denn neben den klimatischen Nachwirkungen des letzten Jahres, auch als Folge davon, fruktifiziert die Buche in diesem Jahr besonders stark. Das belastet den Stoffhaushalt zusätzlich.
Die überdurchschnittlich hohen Niederschläge während der Vegetationsperiode 2004 haben aber dem Wald sehr geholfen und Schlimmeres verhindert. Bedingt durch das außergewöhnlich heiße und trockene Jahr 2003 sowie das noch niederschlagsarme Frühjahr 2004 bestand zu Beginn der Vegetationsperiode 2004 eine sehr kritische Ausgangssituation für den Waldzustand in Hessen.
Die Erfassung des Kronenzustands für den Waldzustandsbericht 2004 erfolgte im Juli und August durch geschulte Aufnahmeteams an etwa 6.000 Bäumen. Hierbei handelt es sich um eine Stichprobenaufnahme auf einem acht Mal acht Kilometer großen Raster, die so angelegt ist, dass eine den tatsächlichen Waldverhältnissen entsprechende Darstellung sichergestellt ist.
Die Ergebnisse:
Der mittlere Nadel-/Blattverlust aller Baumarten und Altersstufen beträgt 2004 landesweit 25 Prozent gegenüber noch 21 Prozent im Vorjahr. Maßgeblich resultiert dieser Anstieg aus der bereits genannten gravierenden Verschlechterung des Kronenzustandes der älteren Buche von 26 Prozent auf 38 Prozent im Jahr 2004.
Bei den anderen Hauptbaumarten ist kein einheitlicher Trend festzustellen. Gab es im vergangenen Jahr noch eine deutliche Verschlechterung bei der älteren Eiche, so zeigt sie aktuell mit 22 Prozent mittleren Blattverlusts (2003: 26 Prozent) ein sehr erfreuliches Bild mit der geringsten Kronenverlichtung aller Hauptbaumarten. Auch die Situation bei der älteren Kiefer ist mit 25 Prozent mittleren Nadelverlusts gegenüber dem Vorjahr stabil geblieben. Der Nadelverlust der älteren Fichte verstärkte sich leicht von 26 Prozent auf 28 Prozent im Jahre 2004.
Die Entwicklung bei den jüngeren Bäumen (bis 60 Jahre) zeigt ebenfalls einen Anstieg des mittleren Nadel-/Blattverlustes von 12 Prozent auf 15 Prozent. Eine Zunahme der Kronenverlichtung ist bei allen Baumarten festzustellen. Sie fällt jedoch bei der jüngeren Buche mit 5 Prozent am stärksten aus (2003: 8 Prozent, 2004: 13 Prozent). Dies ist der rascheste Anstieg des Blattverlustes innerhalb eines Jahres seit Beginn der Messreihe.
Die Absterberate über alle Baumarten und Alter hat sich von 0,1 Prozent (2003) auf 0,4 Prozent (2004) erhöht, liegt aber noch deutlich unter den höchsten Werten zu Beginn der 90er Jahre (0,7 Prozent bzw. 0,8 Prozent). Insbesondere die hohe Absterberate junger Eichen und junger Fichten ist verantwortlich für den Anstieg in 2004. Wahrscheinlich ist dieses weitgehend eine Folge der Witterungsbedingungen in 2003. ‚Großflächige Absterbeerscheinungen in hessischen Wäldern sind jedoch nicht zu befürchten‘, betonte der Minister.
Im Rahmen der Waldökosystemstudie Hessen wird seit 1988 die Fruktifikationsintensität der Buche flächendeckend erfasst. Für das Jahr 2004 ist die stärkste Buchenfruktifikation seit Beginn dieses Zeitraumes festzustellen. Die Ergebnisse der Beobachtungen zeigen auch die Tendenz, dass die Buche seit Ende der 80er Jahre in kürzeren Abständen und vielfach stärker fruktifiziert als es nach alten Erfahrungen zu erwarten gewesen wäre. Die Blüte und die anschließende Fruchtbildung belasten den Stoffhaushalt und beeinflussen somit das Erscheinungsbild der Buchen erheblich (u. a. kleinere Blätter und frühere Blattvergilbung). Zusätzlich wurden die Buchenkronen in diesem Jahr durch einen regional starken Befall der Buchenblatt-Baumlaus beeinträchtigt.
‚Die von den Waldschäden besonders betroffene Rhein-Main-Ebene bereitet mir weiter Sorge‘, erklärte Dietzel. Eine seit 1994 übliche Sondererhebung (4 km x 4 km-Raster) ermöglicht eine repräsentative Aussage zu diesem Wuchsgebiet. Vor allem bei den jüngeren Bäumen und auch bei der älteren Eiche ist hier die durchschnittliche Kronenverlichtung deutlich höher als im Landesdurchschnitt. So hat sich der mittlere Blattverlust der älteren Eiche in der Rhein-Main-Ebene gegenüber 2003 nochmals um 2 Prozent auf 39 Prozent erhöht, während er in Gesamthessen auf 22 Prozent (2003: 26 Prozent) zurückgegangen ist.
Erfreulicherweise gingen die Stoffeinträge von Sulfatschwefel und Gesamtsäure mit dem Niederschlag nochmals zurück und erreichten den niedrigsten Stand seit dem Beginn der Messungen im Jahre 1984. ‚Die Belastung unserer Wälder hat sich insgesamt weiter reduziert‘, erläuterte der Minister, zudem dokumentiere die jährliche Waldzustandserfassung auch die Erfolge der Umweltpolitik. Dennoch wirken die jahrzehntelangen Einträge erheblich nach und eine vergleichbare Trendwende wie beim Schwefel zeichnet sich beim Stickstoff nach wie vor nicht ab. Eine weitere Reduzierung der Schadstoffeinträge in die Waldböden sei daher unerlässlich, unterstrich Dietzel. Daneben sind jedoch auch alle anderen Maßnahmen zu nutzen, die zu einer Stabilisierung der hessischen Wälder beitragen. Hierzu zählen unter anderem der Aufbau stabiler Mischbestände und der weitgehende Verzicht auf Kahlschläge, Maßnahmen die bereits seit Jahren vom Landesbetrieb HESSEN-FORST umgesetzt werden.
Das wichtigste Instrument zur zumindest vorübergehenden Stabilisierung der gefährdeten Waldböden in Hessen ist die Bodenschutzkalkung. Künftige Säureeinträge sollen durch die Ausbringung von drei Tonnen Kalk je Hektar abgepuffert und so die Waldböden vor weiterer Versauerung geschützt werden. Durch den Ausbringungszeitpunkt und die geringe Menge besteht keine Gefahr für das Waldökosystem. ‚Auch in Zeiten knapper Haushaltsmittel wird die Bodenschutzkalkung daher fortgesetzt‘, bekräftigte Minister Dietzel. So ist für das Jahr 2005 geplant, allein für den Körperschafts- und Privatwald 1,9 Mio. Euro Fördergelder zur Verfügung zu stellen.
Darüber hinaus unterstützt die Hessische Landesregierung auch in den kommenden Jahren das EU-weite Netz für die intensive und ständige Überwachung der Wälder (Forest Focus, ehemals Level II). Bereits in den 90er Jahren wurden in Hessen zur Intensivierung der Waldzustandsforschung sieben Dauerbeobachtungsflächen in Buchenwäldern angelegt. Auf den vom Landesbetrieb HESSEN-FORST betreuten Flächen werden weitere Erkenntnisse zum Einwirken von Schadfaktoren, aber auch Hinweise für Gegenmaßnahmen erwartet. Das Forest Focus-Programm ist momentan das umfassendste Biomonitoringsystem in Europa und soll künftig beispielsweise um neue Fragestellungen aus den Bereichen Biodiversität und Klima erweitert werden.
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