DBV-Mitgliederversammlung lehnt Kürzungen im Agrarhaushalt ab
Berlin (agrar.de) – Der Deutsche Bauernverband (DBV) hat sich auf seiner Mitgliederversammlung entschieden gegen Steuererhöhungen und steigende Sozialabgaben für die deutsche Landwirtschaft durch überproportionale Kürzungen im Agrarhaushalt ausgesprochen. Die Delegierten verabschiedeten die Erklärung ‚Investitionen und Innovationen sind gefordert – keine Kahlschlag-Politik!‘, mit der sie die Bundesregierung und den Deutschen Bundestag zu einer konstruktiven und berechenbaren Agrarpolitik auffordern. Danach sind die Bauern bereit, einen Beitrag zur Entlastung der Staatsfinanzen zu leisten, der gleichwertig mit anderen Wirtschafts- und Gesellschaftsgruppen ist. Die jetzigen Pläne zur Kürzung des Agrarhaushaltes bedeuten jedoch erneut eine einseitige steuerliche Belastung der Land- und Forstwirtschaft, was kategorisch abgelehnt wurde. Die Haushaltspläne verschärfen auch die Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten der heimischen Landwirtschaft im EU-Binnenmarkt anstatt sie abzubauen und bieten keine notwe ndigen ermutigenden steuer-, sozial- und haushalts¬politischen Rahmenbedingungen. Im Einzelnen heißt es in der Erklärung:
Haushaltsmisere durch Wachstum überwinden!
Der am 23. Juni 2004 vorgelegte Entwurf für den Haushalt 2005 ist ein finanz-, wirtschafts- und agrarpolitischer Offenbarungseid. Es gelingt nicht mehr, dringend notwendige Signale für Wachstum, Investitionen und Innovationen in Wirtschaft und Gesellschaft zu setzen. Nur über wirtschaftliches Wachstum lässt sich aber die extreme Haushaltsmisere tatsächlich und dauerhaft überwinden. Dazu ist es dringend erforderlich, eine Politik der Verunsicherung durch eine Politik der Verlässlichkeit zu ersetzen. Gerade auch die Land-, Agrar- und Ernährungswirtschaft kann einen entscheidenden Beitrag zur Konjunkturbelebung und zum Abbau der Arbeitslosigkeit in Deutschland leisten. Die jetzige Planung des Agrarhaushaltes bedeutet für die deutsche Landwirtschaft nichts anderes als Steuererhöhungen und steigende Sozialabgaben. Dies negiert völlig
• die im vierten Jahr rückläufigen Einkommen der Bauernfamilien; • die tiefgreifende EU-Agrarreform, die die deutschen Bauern sinkenden Erzeugerpreisen und – durch die nationale Umsetzung – zunehmenden Wettbewerbsnachteilen in der EU aussetzt; • die extrem hohen steuerlichen Belastungen der Land- und Forstwirtschaft seit dem Jahr 1999 insbesondere durch die Ökosteuer auf Diesel, Strom und Gas.
Der Deutsche Bauernverband lehnt deshalb die jetzigen Haushaltsvorschläge der Regierungskoalition kategorisch ab, weil sie erneut und einseitig die Landwirtschaft belasten würden. Sie entmutigen 400.000 Bauernfamilien, die mit hohem Einsatz an Arbeit und Kapital aber auch Verzicht auf Konsum und Freizeit einen extremen Strukturwandel meistern. Trotzdem gelingt es ihnen mit großem Engagement neue Märkte, auch bei erneuerbaren Energien, nachwachsenden Rohstoffen und ländlichen Dienstleistungen, zu erschließen. Dadurch erhalten mehr als 4 Millionen Menschen Beschäftigung und Arbeit in der gesamten Produktions- und Handelskette für Nahrungsmittel in Deutschland.
Die deutschen Bauern sind bereit, einen gleichwertigen Beitrag zur Entlastung der Staatsfinanzen zu leisten. Dabei muss es aber gerecht und fair zugehen. Sie verweisen darauf, dass
• die deutschen Agrarhilfen im EU-Vergleich am niedrigsten sind und in den letzten Jahren erheblich zurückgenommen wurden; • die steuerliche Belastung landwirtschaftlicher Produktionsmittel – allen voran des Agrardiesels – gegenüber allen wichtigen europäischen Konkurrenten sehr hoch ist; • die Bauernfamilien, wie alle anderen Bürger Deutschlands im letzten Jahr auch, durch das Gesundheitsmodernisierungsgesetz, Eingriffe ins Alterssicherungssystem, bei der Eigenheimzulage und der Pendlerpauschale sowie durch Kürzungen steuerlicher Freibeträge empfindlich getroffen wurden.
Zu Recht hat der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat in einem parteiübergreifenden Konsens im Dezember 2003 deshalb neuerliche Sonderopfer für die Landwirtschaft abgelehnt. Dabei muss es jetzt auch bleiben.
Der Deutsche Bauernverband ruft die Bundesregierung und den Deutschen Bundestag dringend zu einer landwirtschaftsfreundlicheren, konstruktiven und berechenbaren Agrarpolitik auf. Dazu müssen Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten der deutschen Landwirtschaft im EU-Binnenmarkt abgebaut, aber auch ermutigende steuer-, sozial- und haushaltspolitische Rahmenbedingungen durchgesetzt werden. Darüber hinaus ist die überbordende Bürokratie durch mutige Deregulierung auch in der Land- und Forstwirtschaft einzudämmen.
Keine Ausgrenzung der Bauern aus der Solidargemeinschaft!
Die geplante Kürzung der Zuschüsse zur Landwirtschaftlichen Unfallversicherung um 50 Mio. Euro (voraussichtlich erhöht um 50 Mio. Euro globale Minderausgabe) und die vorgesehene Einschränkung in der Landwirtschaftlichen Krankenversicherung um 82 Mio. Euro beschwören das Ende der eigenständigen agrarsozialen Sicherung herauf. Bei in naher Zukunft zwei Rentnern je aktivem Beitragszahler in der Land- und Forstwirtschaft führen derartige Einschnitte zu einer unverantwortlichen Überbelastung der verbleibenden aktiven Landwirte. Der Bund muss deshalb weiterhin ohne Einschränkung zu seiner Verantwortung für die so genannte Alte Last im Sinne des Generationenvertrages stehen.
Der Deutsche Bauernverband fordert:
Der Bundeszuschuss an die Landwirtschaftliche Unfallversicherung in Höhe von 250 Mio. Euro muss ungeschmälert fortgeführt werden, wie mehrfach in den vergangenen Jahren politisch zugesagt. Gleichzeitig müssen die Vorschläge des Deutschen Bauernverbandes zur Anpassung des Leistungsspektrums der Unfallversicherung mit dem Ziel einer Konsolidierung der Beiträge jetzt von der Bundesregierung aufgegriffen werden.
Die Defizite in der Landwirtschaftlichen Krankenversicherung bei den Leistungsaufwendungen für die Altenteiler müssen weiterhin voll vom Bund getragen werden. Sollte sich der Bund aus dieser Solidarhaftung zurückziehen, gerät die Stabilität der gesamten agrarsozialen Sicherung in Gefahr. Im Rahmen der Gleichbehandlung müsste dann auch den pflichtversicherten Landwirten die Möglichkeit zum Wechsel der Krankenkasse eröffnet werden.
Besteuerung von Agrardiesel senken !
Die geplante Verteuerung des Agrardiesels (287 Mio. Euro) würde zu einer drastischen Steuererhöhung um 56 Prozent führen. Dies brächte die deutschen Bauern in einen unaufholbaren Wettbewerbsnachteil gegenüber wichtigen EU-Nachbarstaaten. Die extreme Überbelastung durch die Ökosteuer würde weiter erhöht, ohne dass die Landwirtschaft Ausgleichsregelungen, wie sie für die Industrie bestehen, in Anspruch nehmen kann.
Der Deutsche Bauernverband fordert:
Die Agrardieselbesteuerung ist in Deutschland zu senken und an die Steuersätze der wichtigsten EU-Wettbewerber Frankreich, England und den Niederlanden anzugleichen. Auch bei anderen Energieträgern (Strom und Gas) müssen Erleichterungen für die deutschen Bauern erreicht werden.
Vorfahrt für Zukunftsinvestitionen und Innovationen !
Die geplante Kürzung der Bundesmittel für die ‚Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz‘ (GAK) um 50 Mio. Euro wird strikt abgelehnt. Damit würden Neuzusagen in der Investitionsförderung drastisch eingeschränkt. Gerade zu dem Zeitpunkt, in dem es darauf ankommt, Modulationsmittel nach der GAP-Reform kozufinanzieren, nimmt sich die Bundesregierung den verbliebenen Gestaltungsspielraum.
Richtig und nachvollziehbar sind die Planungen des Bundes, die Förderung für nachwachsende Rohstoffe wieder auf 43,6 Mio. Euro zu erhöhen. Damit werden richtige Signale für den Ausbau von Bioenergie sowie innovative Forschungs- und Entwicklungsvorhaben in der Land-, Forst- und Agrarwirtschaft gesetzt.
Der Deutsche Bauernverband fordert:
Bund und Länder müssen ein eindeutiges Zeichen für die Förderung von Investitionen setzen, Kürzungen in der Gemeinschaftsaufgabe GAK vermeiden und die Mittel konzentriert für Innovationen in den landwirtschaftlichen Betrieben einsetzen. Der DBV verbindet damit seine Aufforderung an die Föderalismuskommission, die Gemeinschaftsaufgabe GAK nicht in Frage zu stellen, sondern langfristig abzusichern.
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