16. Oktober 2003

DBV: Bei der Gentechnik findet Geisterdebatte statt

Themen: Gentechnik,Umwelt,Verbände — info @ 16:10

Sonnleitner fordert EU und Bundesregierung zu konsequentem Handeln auf

Berlin (agrar.de) – ‚Nachdem sich EU-Kommission, Europaparlament und Agrarministerrat auf die Kennzeichnung und die Rückverfolgbarkeit von gentechnisch veränderten Organismen und damit faktisch auf die Aufhebung des bestehenden Anbaumoratoriums verständigt haben, droht die Umsetzung dieser Beschlüsse in einer regelrechten Geisterdebatte unterzugehen‘, stellte der Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Gerd Sonnleitner, in Berlin fest. Daran seien EU-Kommission, Bundesregierung wie auch erklärte Gentechnikgegner bei den Nichtregierungsorganisationen gleichermaßen schuld.

Während sich die EU-Kommission sogar um die EU-einheitliche Ausgestaltung von Schleppersitzen und die notwendige Färbung von Äpfeln kümmert, würden die EU-Kommissare David Byrne und Franz Fischler ausgerechnet in der Koexistenzfrage gentechnikfreier und gentechnikhaltiger Anbauverfahren in der Landwirtschaft das Subsidiaritätsprinzip der Mitgliedsländer reklamieren. Das bedeute de facto, so Präsident Sonnleitner, dass man die Bauern in den Mitgliedstaaten mit der Umsetzung alleine lasse, nachdem die Weichen für den Anbau gestellt wurden. Aber auch in der Bundesregierung sei nicht zu erkennen, dass jetzt gezielt und konzentriert gehandelt werde. Während Bundeslandwirtschaftsministerin Renate Künast – von Umweltschutzorganisationen hart bedrängt – alles daransetze, den Gentechnikanbau nicht zuzulassen, kämpften die Minister für Wirtschaft, Wolfgang Clement, und für Forschung, Edelgard Bulmahn, für eine rasche Zulassung des Gentechnikanbaus. Diese faktische Handlungsunfähigkeit der Bundesregierung berge die Gefahr, dass auch auf nationaler Ebene nichts im Detail geregelt werde und letztendlich der Gerichtsweg zwischen den Landwirten gesucht werden müsse, um Klärungen etwa in der Haftungsfrage herbeizuführen. Umweltschutzorganisationen entdeckten zudem in der Grenzwertsetzung für Saatgut die letzte Möglichkeit, ihre Totalverweigerung in die Tat umzusetzen. Die von ihnen geforderte Nachweisgrenze als Schwellenwert für Saatgut würde in der Praxis von vornherein jegliche züchterische Arbeit auf diesem Gebiet unterbinden.

Sonnleitner hob die zunehmende Verärgerung in der Landwirtschaft über diese Entwicklung hervor. Er unterstrich noch einmal, dass die Landwirte keine gentechnisch veränderten Produkte anbauen, wenn die Verbraucher derartige Produkte nicht nachfragen würden. Auf der anderen Seite beinhalte die Grüne Gentechnik ähnlich wie die Rote Gentechnik in der Pharmazie aber Optionen, die man nicht einfach negieren könne. Folglich sei es so wichtig, die Wahlfreiheit der Verbraucher und der Landwirte sicherzustellen. Dafür müssten jetzt verbindliche Regeln auf europäischer Ebene festgelegt und möglichst einheitlich in allen EU-Mitgliedsländern umgesetzt werden. Die Untätigkeit der EU-Kommission und der Bundesregierung zerre an den Nerven der Bauern. ‚Es kann doch nicht wahr sein‘, so Sonnleitner wörtlich, ‚dass in dieser so wichtigen Frage der Koexistenz die Politik kneift und die Bauern in einer Flut von Gerichtsprozessen versinken‘. Solange Brüssel und Berlin nicht handelten, könne und dürfe das Anbaumoratorium nicht aufgehoben werden. ‚Ich erneuere meinen Vorschlag erneut‘, so der DBV-Präsident, ‚dass sich Bund und Länder zur Vorbereitung einer solchen Entscheidung endlich darauf verständigen, einen transparenten Erprobungsanbau in allen Bundesländern durchzuführen, der die notwendigen Erfahrungswerte liefert, um die Koexistenzfrage zu lösen!‘

Links zum Thema Verbände.




   (c)1997-2017 @grar.de