02. Oktober 2003

WLV: Keine bäuerlichen Sonderopfer zur Haushaltssanierung

Themen: Archiv — info @ 16:10

Kamen (agrar.de) – ‚Maßnahmen zur allgemeinen Haushaltskonsolidierung stehen wir offen gegenüber, aber es darf den Bauern nicht zum wiederholten Mal ein Sonderopfer abverlangt werden‘ Dies sagte Franz-Josef Möllers, Präsident des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbandes (WLV), auf der traditionellen WLV-Erntedank-Pressekonferenz am Mittwoch in Kamen.

Die Bundesregierung plane demgegenüber im Rahmen des Bundeshaushalts 2004 weitere drastische Kürzungen der Finanzmittel für den Agrarbereich. So soll der Agrarhaushalt um 7,4 Prozent, das sind rd. 418 Mio. Euro, gekürzt werden – die stärkste prozentuale Kürzung im Vergleich zu allen anderen Ressorts. Die vorgesehene Kürzung des Bundeszuschusses bei der landwirtschaftlichen Krankenkasse um 218 Mio. Euro würde in Westfalen-Lippe zu Beitragssteigerungen von bis zu 40 Prozent führen.

Zusätzlich werde von der Bundesregierung erneut beabsichtigt, die Vorsteuerpauschale von bisher 9 auf 7 Prozent zu senken und gleichzeitig die Durchschnittssatzbesteuerung für buchführende landwirtschaft­liche Betriebe wegfallen zu lassen. Dies bedeute die faktische Abschaffung einer in fast allen EU-Mitgliedstaaten angewandten und zudem unbürokratischen Vereinfachungsregelung, wodurch zusätzliche Buchführungskosten von bis zu 1.000 Euro je Betrieb entstünden. Damit würden die bestehenden Wettbewerbsnachteile für die deutsche Landwirtschaft in der EU noch weiter verschärft, so Möllers.

In der Summe belasteten die Pläne der Bundesregierung zur Haushalts­konsolidierung die deutschen Bauern mit rund 688 Mio. Euro im Jahr 2004. ‚Die bäuerlichen Familien werden zur Manövriermasse zum Zwecke der Haushaltssanierung degradiert. Insbesondere vor dem Hintergrund der sich anbahnenden drastischen Einkommenseinbußen bis zu 50 Prozent im Wirtschaftsjahr 2002/03 zu Lasten der heimischen Landwirte werden wir dagegen massiv Widerstand leisten!‘, so Präsident Möllers auf dem landwirtschaftlichen Betrieb der Familie Wortmann.

Mit Blick auf die EU-Beschlüsse zur Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik betonte Möllers, dass Bund und Länder nun gefordert seien, die Beschlüsse im Sinne einer wettbewerbsfähigen, nachhaltigen und multifunktionalen heimischen Landwirtschaft umzusetzen. Dies sei eine unabdingbare Voraussetzung für die Sicherung und Weiterentwicklung des heimischen Agrarstandortes Westfalen-Lippe. Dabei gelte es insbesondere, die Entscheidungen der EU-Nachbarstaaten aus Wettbewerbsgründen zu berücksichtigen. Auch müsse für alle Zahlungen der Bewirtschaftergrundsatz gelten; die Mittel stünden nur dem Bewirtschafter zu. Zudem seien alle Ausgestaltungsmöglichkeiten hinsichtlich ihrer Wirkung auf den Strukturwandel kritisch zu überprüfen, Umverteilungen innerhalb verschiedener Betriebsformen seien zu vermeiden.

Zur Ernte 2003 in Westfalen-Lippe berichtete der Bauernpräsident, dass im Vergleich zum Bundesgebiet die heimischen Landwirte im Schnitt bei der Getreideernte ‚mit einem blauen Auge davongekommen seien‘. So lag bundesweit der Ertrag für Getreide im Schnitt nur bei 57,6 Dezitonnen (dt) je Hektar (- 12 Prozent gegenüber 2002), in Westfalen-Lippe immerhin bei 67,7 dt je Hektar (- 10 Prozent). In weiten Teilen Ost- und Süddeutschlands habe die Trockenheit zu katastrophalen Ertragseinbußen geführt; mit Getreideerträgen zum großen Teil um mehr als die Hälfte unter dem mehrjährigen Schnitt. Doch auch in Westfalen-Lippe habe es zwischen einzelnen Regionen sehr unterschiedliche Erträge gegeben, insbesondere in Ostwestfalen-Lippe wurde deutlich weniger geerntet als im westfälisch-lippischen Mittel.

Bei der mit 158.000 Hektar Anbaufläche wichtigsten Getreideart in Westfalen-Lippe, dem Winterweizen, lag der Durchschnittsertrag mit 78,6 dt je Hektar zwar um 5,4 Prozent niedriger als im Vorjahr bzw. 5,7 Prozent niedriger als der Schnitt der vergangenen fünf Jahre. Allerdings sei die Qualität durchweg zufriedenstellend, günstig für die Lagerung sei vor allem die niedrige Feuchtigkeit der meisten Partien.

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