Erntepressekonferenz der Landwirtschaftskammer
Kiel/Lauenburg (agrar.de) – Unterbrochen von nur wenig Schauern und Gewittern haben die Landwirte zügig die Wintergerstenflächen abgedroschen. Ab Anfang August dürfte dann die Winterweizenernte der Landwirte einsetzen. Es steht eine Getreideernte auf den Feldern, die mengenmäßig deutlich über dem Vorjahr liegt. ‚Die diesjährige Getreideernte wird regional etwas unterschiedlich – insgesamt aber gut ausfallen‘, sagte Peter Knitsch, Staatssekretär im Umwelt- und Landwirtschaftsministerium Schleswig-Holstein. ‚Was wir jetzt brauchen, ist eine gleichmäßige Abreife bei sonnigem Wetter, um auch in diesem Jahr bei durchschnittlichen bis guten Ertragserwartungen eine qualitativ gute Getreideernte einbringen zu können‘, betonte Hermann Früchtenicht, Präsident der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein, anlässlich der heutigen Erntepressekonferenz im Kreis Herzogtum Lauenburg. Aufgrund der Marktlage erwarten die Landwirte deutlich bessere Marktpreise als im abgelaufenen Jahr. Die schwierige Preisfindungsphase dauert zurzeit noch an.
Zügige Wintergerstenernte
Bis auf Restflächen sind die Wintergerstenbestände abgedroschen.
‚Erste Ertragsmeldungen von den leichtesten Böden der Geest lagen bei 60 bis 70 dt/ha. Von den besseren Standorten (Lehmböden, Marsch) werden Erträge von 80 bis knapp 90 dt/ha genannt. Damit liegen die Ertragserwartungen bisher auf dem Niveau der sechsjährigen Durchschnittserträge von knapp 80 dt/ha und damit wieder erfreulich über dem Niveau des vergangenen, schwierigen Erntejahres‘, betonte der Präsident der Landwirtschaftskammer.
Auch die Berichte über die geerntete Qualität der Wintergerste deuten in vielen Fällen auf eine im Großen und Ganzen problemlose Kornausbildung hin. Die Erntepartien der besseren Böden lagen bei 65 bis 70 kg/hl und lassen damit eine gute Vermarktung der Gerste zu, zumal in den Auswinterungsregionen im übrigen Bundesgebiet Gerste eher knapp wird.
Frühe Winterweizenernte erwartet
Für den Winterweizen ist nach derzeitiger Einschätzung bei anhaltend freundlichem Witterungsverlauf der Erntebeginn, auf den leichten Bodenstandorten, um den 1. August und damit auch verhältnismäßig früh, zu erwarten. Auf den besseren Böden ist derzeit mit einem normalen Erntebeginn um den 15. August zu rechnen. Der Weizen präsentiert sich bisher überwiegend gut und lässt auf eine gute, durchschnittliche Ernte hoffen. Insgesamt liegen die derzeit abschätzbaren Ertragserwartungen für die diesjährigen Winterweizenbestände im Landesdurchschnitt um 5 – 10 Prozent über dem im Vorjahr erreichten Ertrag von nur 82 dt/ha. Die überdurchschnittliche Strahlungsintensität der diesjährigen Vegetationsperiode lässt auch auf gute Proteinwerte und gute Verarbeitungsqualitäten hoffen. ‚Letztendlich lässt sich die Qualität der diesjährigen Weizenernte aber erst im Ernteverlauf sicher bewerten‘, gab Hermann Früchtenicht zu Bedenken.
Große Ertragsunterschiede beim Raps erwartet
Die Anbauflächen von Winterraps wurden gegenüber dem Vorjahr um rund 4 Prozent auf 100.000 ha zurückgenommen. Der Anteil von Non food Raps hat um rund 2.000 ha zugenommen und macht in diesem Jahr mit 25.000 ha rund 25 Prozent der Anbaufläche Schleswig-Holsteins aus. Die Rapsbestände präsentieren sich zur Ernte 2003 in einem sehr unterschiedlichen Zustand. Vor allem in den Kreisen Ostholstein, Herzogtum Lauenburg, aber auch Plön, Stormarn und in der Elbmarsch stehen viele stark ausgedünnte Bestände. Daneben gibt es aber auch viele normal und gut entwickelte Bestände.
Durch die ausgeprägte Trockenheit ab Mitte August 2001 lief der Raps in den genannten Regionen sehr schlecht auf. Ab Mitte Februar sind bei Kahlfrösten von bis zu -15°C viele kleine Rapspflanzen erfroren. Es folgte eine weitere ausgeprägte Trockenheit, die von Mitte Februar bis Ende April reichte.
Aus betriebswirtschaftlicher Sicht lag die Schwelle für den Umbruch bei einer Ertragserwartung von 15 – 20 dt/ha. Diese Erträge dürften in vielen Fällen noch erreicht werden, zumal die Verunkrautung der ausgedünnten Bestände nicht so stark ist, wie in anderen vergleichbar schlechten Jahren. Daneben hat es jedoch einige Umbruchflächen gegeben, auf denen Sommerrungen angebaut wurden. Die zu erwartende Ertragsspanne reicht in diesem Jahr von sehr niedrigen Erträgen, die unter 20 dt/ha liegen können, bis hin zu hohen Erträgen von über 40 dt/ha. Der erwartete Durchschnittsertrag dürfte um 10 Prozent unter dem langjährigen Mittel liegen.
Wieder hohe Ertragserwartungen bei der Zuckerrübe
Die Aussaat der Zuckerrüben begann am 15. März und konnte Anfang April bis auf Restflächen ohne Niederschlagsunterbrechung beendet werden.
Im Anbaujahr 2003 ist von einem ähnlich hohen Ertragsniveau wie in 2002 auszugehen. Es wird erwartet, dass, bedingt durch die sehr frühe Aussaat, über 530 dt Rübenertrag/ha erzielt werden können.
Gute Silomaisernte erwartet
‚Selten hat es bisher ein so gleichmäßiges und ungestörtes Wachstum der Silomaisbestände von der Aussaat bis jetzt zum frühen Fahnenschieben der Bestände gegeben wie in diesem Jahr 2003‘, meinte Hermann Früchtenicht. Bereits jetzt, Mitte Juli, sind viele Bestände ertraglich sehr weit entwickelt und lassen eine gute Ernte erwarten. Allerdings brauchen die Maisbestände auf den leichteren Standorten jetzt dringend Niederschläge.
Überdurchschnittliche Kartoffelerträge möglich
Früh gepflanzte Kartoffeln weisen sehr gute Knollenansätze auf, erste Rodungen zeigen hier sowohl gute Qualitäten wie auch überdurchschnittliche Erträge.
Der Start in die Speisekartoffelsaison begann mit anfangs hohen Frühkartoffelpreisen, die sich mittlerweile auf durchschnittlichem, stabilem Niveau eingependelt haben. Anders als in den vorhergehenden Jahren erlebt auch die Warenterminbörse einen erfreulichen Boom, der auf gute Chancen im Kartoffelabsatz hinweist.
Die Kartoffelvermehrungsfläche hat sich mit ca. 1.700 ha gegenüber dem Vorjahr, in dem erstmalig seit Jahren ein Rückgang festgestellt werden musste, wieder stabilisiert.
Ökobetriebe hoffen auf eine überdurchschnittliche Ernte
‚Auf die im ökologischen Anbau bewirtschafteten Flächen wirkte sich der Witterungsverlauf ab September letzten Jahres positiv aus‘, sagte Staatssekretär Peter Knitsch. ‚Das lässt die Öko-Betriebe Schleswig-Holsteins auf eine leicht überdurchschnittliche Ernte der Mähdruschfrüchte hoffen.‘
‚Ob das angelegte Ertragspotenzial letztendlich auch realisiert werden kann, hängt noch vom Witterungsverlauf der nächsten Wochen ab‘, betonte Hermann Früchtenicht.
Entwicklung der Anbauflächen, Ernteprognose
Das Statistische Landesamt informiert pünktlich zur Erntebereisung über Anbauflächen und gibt eine erste Prognose über die zu erwartende Erntemenge.
Auf einer Ackerfläche von 618.000 ha werden nach den vorläufigen Ergebnissen der diesjährigen Bodennutzungserhebung 324.000 ha Getreide, 101.000 ha Ölfrüchte, 18.000 ha Hackfrüchte, 2.500 ha Hülsenfrüchte, 8.000 ha Gemüse und 120.000 ha Fut-terfeldfrüchte angebaut. Die Brachfläche hat einen Umfang von 43.000 ha.
Die Getreideanbaufläche hat einen Anteil von 52 Prozent an der Ackerfläche, unverändert gegenüber dem Vorjahr. Die Weizenanbaufläche liegt bei 210.000 ha. Weizen nimmt damit landesweit 65 Prozent der Getreidefläche ein.
Die Wintergerstenfläche war zur Ernte 2002 aussaatbedingt deutlich rückläufig, vergrößerte sich jetzt wieder auf 55.000 ha.
Der Roggenanbau erreichte nur noch einen Anbauumfang von 16.000 ha und hat damit gegenüber dem Vorjahr (23.000 ha) weiter deutlich an Fläche verloren. Der Anbau von Triticale erreichte 16.000 ha und damit auch knapp 3.000 ha weniger als im Vorjahr. Der Sommergetreideanbau ging jahresbedingt gegenüber dem Vorjahr von 32.000 ha wieder auf 26.000 ha zurück. Auf gut 16 Prozent der Ackerfläche werden Ölfrüchte angebaut. Der Flächenanteil für Raps (einschl. Anbau als nachwachsender Rohstoff) liegt in 2003 bei 100.000 ha. Der Gemüseanbau blieb mit 8.000 ha im Anbauumfang gegenüber dem Vorjahr unverändert. Rückläufig waren die Anbauflächen bei Kartoffeln (5.400 ha) und Zuckerrüben (12.300 ha). Nach den Schätzungen der amtlichen Ernteberichterstatter von Ende Juni erwartet die Landwirtschaftskammer eine Getreideernte von knapp 2,7 Mio. Tonnen. Dies wären 12 Prozent oder 280.000 Tonnen mehr als im Vorjahr.
Die zu erwartende Rapsernte wird auf 350.000 Tonnen geschätzt. Aufgrund einer leichten Anbaueinschränkung auf 100.000 ha und zum Teil erheblicher Auswinterungsschäden wird die Erntemenge nur leicht über dem sehr niedrigen Niveau des Vorjahres erwartet.
Gerstenpreise lassen kaum Intervention zu
Erste Preisnennungen liegen mit 88 bis 95 Euro/t frei Erfassungslager über dem Vorjah-resniveau. Hierzulande laufen die ersten Preisnennungen auf ein Niveau um die 85 bis 90 Euro/t hinaus.
‚Sollten sich die überregional enttäuschenden Ernteergebnisse aus den Auswinterungs- und Trockengebieten Deutschlands weiter fortsetzen und die zu erwartende Erntemenge weiter zurückpendeln, so dürften sich stabile bis feste Preistendenzen am Markt durchsetzen‘, prognostizierten Staatssekretär Knitsch und der Präsident der Landwirtschaftkammer, Hermann Früchtenicht.
Brotroggen heiß umkämpft
In Schleswig-Holstein stehen 16.000 ha zur Ernte an, das sind rund 1/3 weniger als im Vorjahr und sogar nur die Hälfte des langjährigen Mittels.
Für Brotroggen wird ein höherer Preis als im Vorjahr erwartet, überregional wird bereits über Preise knapp unter dem Brotweizenniveau diskutiert.
Weizenmarkt mit freundlicher Tendenz
Für das Bundesgebiet wird eine Ernte von 21 Mio. t erwartet, was in etwa der Vorjahresernte entspricht.
Für die EU werden rund 90 Mio. t gegenüber 93,7 Mio. t (Ernte 2002) Weizen erwartet. Für die Importregion Nordafrika werden höhere Ernten erwartet, was den Einfuhrbedarf leicht schmälern dürfte.
‚Ein weiterer wichtiger Faktor auf dem Weizenmarkt sind die Ernten in den osteuropäischen Staaten und hier insbesondere in der Ukraine und auch in Russland. Zum einen haben diese Länder umfangreiche Exporte Richtung EU insbesondere Deutschland getätigt und damit die Absatzlage hiesigen Weizen innerhalb der EU erschwert, zum anderen traten diese Länder als Konkurrenten in der traditionellen Exportregion Nordafrika auf‘, erläuterte der Kammerpräsident.
In diesem Jahr werden in Russland und der Ukraine deutlich niedrigere Ernten erwartet. Mit einer Ernteerwartung von rund 8 Mio. t geht man für die Ukraine, die im Vorjahr 19,8 Mio. t geerntet hat, davon aus, dass sie zum Nettoimporteur werden könnte. Auch andere osteuropäische Staaten dürften auswinterungs- und trockenheitsbedingt wesentlich weniger ernten, so dass von dieser Seite der Importdruck kleiner ausfallen wird.
Der Brotweizenpreis wird erheblich von den Exportmöglichkeiten bestimmt. Zur Zeit wird der Export durch den starken Euro erschwert, was unseren hiesigen Brotweizen im Ausland verteuert. Andere Herkünfte, beispielsweise aus den USA, sind entsprechend günstiger und kommen daher eher zum Zug.
Um konkurrenzfähig zu sein, sind Exporterstattungen erforderlich, und damit hängt der Preis in einem größeren Maße von den Entscheidungen in Brüssel ab. Um einen hohen Einsatz von Getreide im Mischfutter weiterhin zu gewährleisten, wird die EU an mög-lichst niedrigen Preisen interessiert sein. Es wird daher eine verhaltene Bereitschaft zur Zahlung von Exporterstattungen zu erwarten sein. Zu Zeit wird an der Warenterminbörse Hannover ein Preis von 119,70 Euro/t für den Monat September notiert. Davon dürften sich Erzeugerpreise von 95 bis knapp 100 Euro/t ableiten lassen. Entscheidend für die Preisbildung dürfte die geerntete Qualität sein. Denn nur Qualitätsware lässt sich auch entsprechend vermarkten.
Raps nur begrenzt verfügbar
Angesichts des begrenzten Angebotes in Deutschland und auch in der EU sind die Preisaussichten vielversprechend. Zwar wird auf dem Weltmarkt mit einem größeren Ernteaufkommen aus Kanada (6 bis 6,5 Mio. t) und Australien (1,3 Mio. t) und damit einem höheren Exportvolumen aus diesen Ländern gerechnet, aber in anderen Länder wie beispielsweise Polen, Tschechien und Slowakei stehen durch Auswinterungsschäden wesentlich weniger Rapssaaten zur Verfügung. Das Weltaufkommen an Rapssaaten wird daher ungefähr auf Vorjahresniveau geschätzt.
Insbesondere die Verwendung als Biodiesel sorgt für große Nachfrage, so wird mittlerweile knapp 1/5 der EU-Rapsernte in diesem Bereich verarbeitet, wobei mit der Zunahme der Veresterungsanlagen eine steigende Nachfrage verbunden ist. Für die weitere Preisentwicklung wird in den nächsten Monaten von einem freundlichen Markt ausgegangen. Sollten die Ernten niedriger ausfallen, als bisher geschätzt, sind weitere Preissteigerungen zu erwarten.
Gewinneinbruch bei den Ackerbaubetrieben
Die mittleren Ackerbaubetriebe haben in den Wirtschaftsjahren 1999/2000 bis 2001/2002 eine stetige Gewinnsteigerung erreicht. Der wirtschaftliche Erfolg in den Ackerbaubetrieben wird wesentlich durch die Größe des Unternehmens geprägt, die Finanzierungsstruktur im Unternehmen, die Höhe der Arbeitserledigungskosten und die gezahlten Pachtpreise. Bei der Analyse aller Ackerbaubetriebe fällt auf, dass die Gewinne in starkem Maße von staatlichen Transferzahlungen geprägt werden. Im Mittelpunkt stehen dabei die produktbezogenen Direktzahlungen, die im mittleren Ackerbaubetrieb immerhin 90 Prozent des Gewinnes bestimmen. In den erfolgreichen Betrieben sind es 65 Prozent. Für die weitere Einkommenssituation der Ackerbaubetriebe wird von entscheidender Bedeutung sein, wie die Beschlüsse des EU-Agrarrates in Deutschland bzw. Schleswig-Holstein ausgestaltet werden.
‚Im Agrarrat wurden im Juni meiner Meinung nach die Weichen für eine nachhaltige Landwirtschaftliche Produktion in Europa gestellt‘, sagte Peter Knitsch. ‚Die Brüsseler Beschlüsse eröffnen den Mitgliedstaaten einen zusätzlichen Handlungsspielraum, den wir kreativ nutzen wollen. Die Entkopplung der Direktzahlungen von der Produktion ist eingeleitet, eine umweltgerechtere Landwirtschaft wird durch die Mittelumschichtung im Rahmen der Modulation und die Bindung der Direktzahlungen an die Einhaltung von Umwelt- und Tierschutzstandards (‚Cross Compliance‘) gestärkt.‘ Welchen Weg Schleswig-Holstein zukünftig beschreiten werde, könne er noch nicht verkünden. ‚Im Prinzip wollen wir so viel Geld wie möglich aus Brüssel für uns in Schleswig-Holstein sichern und gleichzeitig den Verwaltungsaufwand gering halten.‘ Das Umwelt- und Landwirtschaftsministerium wolle die kommenden Wochen nutzen, um die Möglichkeiten im Dialog mit dem Bauernverband, der Landwirtschaftskammer und anderen Institutionen zu diskutieren.
‚Für die Einkommenssituation der Ackerbaubetriebe im gerade abgelaufenen Wirtschaftsjahr 2002/2003 liegen noch keine Buchabschlüsse vor. Prognosen aus dem Frühjahr 2003 lassen aber erwarten, dass auf Grund der witterungsbedingten desolaten Ertragssituation im letzten Sommer und der niedrigeren Preise für Getreide sowie der weiter leicht angestiegenen Aufwendungen, die Gewinne in den Ackerbaubetrieben um bis zu 50 Prozent gegenüber 2001/2002 zurückgehen könnten. Die Ackerbaubetriebe haben daher eine gute Getreide- und Rapsernte bitter nötig‘, betonte Hermann Früchtenicht abschließend.
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