27. Juni 2003

Höfken: Gentechnik hilft nicht gegen Hunger

Themen: Archiv — info @ 12:06

Berlin (agrar.de) – Zum Abschluss der internationalen Landwirtschafts- und Technologiekonferenz in Sacramento erklärt Ulrike Höfken, verbraucher- und agrarpolitische Sprecherin von Bündnis 90 / Die Grünen:

‚Der Vorstoß des US-amerikanischen Präsidenten George Bush, mehr Gentechnik zum Kampf gegen den Hunger in der Welt, einzusetzen, geht an den Problemen der Hungernden vorbei. Vielmehr handelt es sich um eine Marketing-Aktion für US-amerikanischen Biotechnologie- und Agrokonzerne.

Nach übereinstimmender Auffassung aller internationalen Hilfsorganisationen und der UN sind die Hauptursachen für Hunger

• Armut • fehlender Zugang zu Ressourcen wie Land und Wasser • fehlende Lager- und Transportbedingungen • unfaire Handelsbedingungen und Agrarpolitik • Kriege

Keines dieser Probleme wird durch die Gentechnik gelöst. Was die Entwicklungshilfeländer dringend benötigen, ist mehr Hilfe zur Selbsthilfe, eine Unterstützung der heimischen Kleinbauern und angepasste Technologien. Was sie nicht gebrauchen können, ist der Import von Hochtechnologien unter dem Deckmantel der Hungerhilfe.

Experten sind sich einig: Geld ist die effizienteste Form sofortiger Lebensmittelhilfe. Damit können lokal schneller Lebensmittel eingekauft werden und gleichzeitig die Regionen der Länder wirtschaftlich unterstützt werden.

Es gibt gute Gründe dafür, dass die Entwicklungsländer bisher dem Import von gentechnisch veränderten Produkten sehr kritisch gegenüberstehen. Sie befürchten, dass die Fehler der so genannten Grünen Revolution wiederholt werden. Mais zum Beispiel, der immer öfter in afrikanischen Ländern angebaut wird, hat an Dürreperioden besser angepasste heimische Sorten wie Sorghum oder Hirse verdrängt. Am Ende stehen neue Abhängigkeiten von Saatmultis, ein Verdrängen der heimischen Kleinbauern und der örtlich angepassten, gentechnikfreien Produktion. Außerdem werden Schäden an empfindlichen Ökosystemen befürchtet.

Darüber hinaus muss auch für die Menschen in den Entwicklungsländern das von vielen Menschenrechtsgruppen eingeforderte Recht gelten, ihre eigene Ernährungsstrategien zu bestimmen: ökologisch, sozial, ökonomisch und kulturell angemessen. Wir plädieren deshalb an die USA, der internationalen Biosafety-Konvention beizutreten, die den sicheren Transfer, den Umgang und die Nutzung mit gentechnisch veränderten Organismen regelt.

Wer den Hungernden in der Welt wirklich helfen will, muss die Hilfe zur Selbsthilfe intensivieren, unfaire Exportsubventionen abbauen, den freien Zugang zu Ressourcen gewährleisten und eine Politik der Friedenssicherung und sozialen Konfliktlösung betreiben. Es ist zu wünschen, dass USA und EU – anstatt Handelskriege um die Gentechnik anzuzetteln – künftig in diesen Fragen um den ersten Platz wetteifern.

Links zum Thema Biotechnologie, Links zum Thema Agrarpolitik.




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