21. Mai 2003

Birther: Altschuldenregelungen des Bundes müssen nachgebessert werden

Themen: Archiv — info @ 14:05

Potsdam (agrar.de) – Brandenburg begrüßt zwar grundsätzlich die aktuellen Bemühungen der Bundesregierung, mit einer abschließenden Regelung die Altschuldenfrage in der Landwirtschaft zu lösen, fordert aber Nachbesserungen am Gesetzentwurf. ‚Nachdem bereits in vielen Wirtschaftsbereichen Lösungen für die Schulden aus DDR-Zeiten gefunden wurden, sollte auch für die Agrarbetriebe die Zeit des juristische Tauziehens vorbei sein‘, sagte Agrar- und Umweltminister Wolfgang Birthler (SPD) heute in Potsdam: ‚Gegen die konkrete Ausgestaltung machen wir gegenüber dem Bund jedoch erhebliche Vorbehalte geltend.‘ Der nunmehr vorliegende Gesetzentwurf enthält einerseits eine Ablöseregelung für die LPG-Nachfolger, zugleich aber auch eine Verschärfung der gegenwärtigen Rückzahlungsbedingungen für die im Rangrücktritt stehenden Schulden.

Als so genannte Altschulden bei landwirtschaftlichen Unternehmen in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik werden Kreditverbindlichkeiten bezeichnet, die zur Währungsunion am 1. Juli 1990 in Höhe von damals 3,9 Mrd. Euro (7,6 Mrd. D-Mark) bestanden. In den Jahren 1991/1992 wurde den Betrieben ein Teil der Altkredite – die zu DDR-Zeiten auch für die kommunale Infrastruktur wie dörfliche Verkaufseinrichtungen, Wegebau, Kulturstätten oder Kitas aufgenommen werden mussten – erlassen. Die Wirkung dieser Teilentschuldung ist mittlerweile durch wieder aufgelaufene Zinsen aufgehoben.

Noch vor der Sommerpause soll im Bundestag die erste Lesung eines Gesetzentwurfs zur Änderung der Regelungen über Altschulden landwirtschaftlicher Unternehmen abgeschlossen werden.

So bemängelt Brandenburg, dass der Entwurf vor allem auf wirtschaftlich starke beziehungsweise mit geringen Altschulden belastete Unternehmen zugeschnitten ist.

Es ist verständlich, dass eine detaillierte Ausgestaltung einer Ablösregelung nicht im Gesetz geregelt werden kann. Andererseits belässt die im Gesetzentwurf gewählte Formulierung einen nach Brandenburger Auffassung entschieden zu großen Ermessensspielraum für die Beurteilung der Angemessenheit eines angebotenen Ablösebeitrags. Die vorgesehene Verordnungsermächtigung bestärkt zudem die Bedenken, dass die Ausgestaltung dieses Ermessensspielraumes von dem Bestreben dominiert wird, möglichst hohe Einnahmen für den Erblastentilgungsfonds zu Lasten der Wirtschaftskraft der Unternehmen zu erzielen.

Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass ein großer Teil der Agrarbetriebe den Ablösebetrag nicht aus eigenen Mitteln aufbringen kann, sondern dafür Kredite benötigt. Es bleibt offen, ob Banken gerade in der gegenwärtigen wirtschaftlichen Situation und angesichts veränderter Regularien für die Kreditvergabe bereit sind, Ablösebeträge zu kreditieren.

Die vorgesehene Veränderung der Rückzahlungsbedingungen für die im Rangrücktritt stehenden Altschulden würde dazu führen, dass eine vergleichsweise große Zahl altschuldenführender Betriebe den gesamten Jahresüberschuss abführen muss

Dies mag für eine kurze Zeitspanne zu verkraften sein, dürfte jedoch bereits mittelfristig zu erheblichen wirtschaftlichen Problemen führen, weil keine Eigenkapitalbildung als Grundlage für Investitionen möglich ist.

Darüber hinaus kann eine solche Situation die Fähigkeit beeinträchtigen, den Kapitaldienst für in der Zeit nach 1990 getätigte Neuinvestitionen zu leisten.

Insoweit scheinen erhebliche Zweifel angebracht, ob derartig weitreichende staatliche Eingriffe in bestehende privatrechtliche Verträge, wie im Gesetzentwurf vorgesehen, zulässig sind.

Der Gesetzentwurf räumt die Möglichkeit ein, die bestehende Rangrücktrittsvereinbarung mit sofortiger Wirkung zu kündigen, wenn ernsthafte Zweifel an der Sanierungsabsicht des altschuldenführenden Unternehmens bestehen und nicht ausgeräumt werden können. Es erhebt sich die Frage, inwieweit der Umstand, dass kein Jahresüberschuss erwirtschaftet wird, eine Rolle bei der Beurteilung der Sanierungsabsicht oder Sanierungsfähigkeit spielt. Sollte dies ein maßgebliches Kriterium sein, dann wirkt eine derartige Regelung für nicht wenige Unternehmen sehr wahrscheinlich wie ein ‚Fallbeil‘.

Birthler: ‚Wir haben unsere Bedenken und Vorbehalte in eine unter Federführung Brandenburgs erarbeitete gemeinsame Stellungnahme der neuen Bundesländer zum Gesetzentwurf einfließen lassen und dem in der Sache federführenden Bundesfinanzminister übermittelt. Sie wurden am 20. Mai in einer Anhörung vorgetragen und diskutiert. Ich hoffe, es wird gelingen, nötige Veränderungen am Gesetzentwurf durchzusetzen.‘

Links zum Thema Gesetze und Verordnungen, Links zum Bundesland Agrarpolitik.




   (c)1997-2017 @grar.de