Brüssel (agrar.de) – Die EU-Kommission hat heute zwei neue Folgenabschätzungsstudien der Vorschläge veröffentlicht, die die Kommission im Januar 2003 für eine Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) vorgelegt hat. Die Studien zeigen, dass der Vorschlag der Kommission, die Bindung von Erzeugung und Beihilfe zu lösen (‚Abkoppelung‘), der Extensivierung der Erzeugung zugute kommen und für die EU-Landwirte bedeutende Einkommenszuwächse bedeuten würde.
Der Analyse zufolge würden die landwirtschaftlichen Einkommen gegenüber 2001 um 8,5 Prozent steigen. Nach einem Szenario, das von der gegenwärtigen Agenda-2000-Politik ausgeht, wären die Auswirkungen auf die Einkommen in der EU-15 praktisch neutral (-0,1 Prozent im Jahr 2009). Die Rindfleischerzeugung würde in der EU-15 zwar mittelfristig um 2,7 Prozent zurückgehen, doch die Rindfleischerzeuger könnten 2009 bis zu 7 Prozent höhere Preise erzielen. In einer erweiterten EU-25 würde die GAP-Reform den neuen Mitgliedstaaten den erweiterungsbedingten Einkommenszuwachs zusichern. 2009 würden die Markteinnahmen, gemessen an der Lage in 2002, d.h. vor der Erweiterung, real um 17 Prozent zunehmen. Berücksichtigt man das Anlaufen von Direktzahlungen und Mitteln zugunsten der ländlichen Entwicklung, könnte dieser reale Einkommenszuwachs sogar bei 45 Prozent und darüber liegen. In den neuen Mitgliedstaaten würde die Abkoppelung ähnliche Trends anstoßen wie in der EU-15, da sich Erzeugerbeschlüsse an der Marktlage orientieren würden und nicht daran, möglichst hohe Beihilfen zu erzielen.
‚Die Studien zeigen ganz deutlich, dass die Reform unseren Landwirten höhere Einkommen sichern wird. Gleichzeitig wird die landwirtschaftliche Erzeugung von den Überschüssen weg und hin zu extensiveren und nachhaltigeren Produktionsmethoden gelenkt. Die Aufhebung der Verbindung zwischen Erzeugung und landwirtschaftlichen Beihilfen wird nicht dazu führen, dass Landwirte ihre Höfe aufgeben oder die Erzeugung einstellen. Die Erzeugung wird vielmehr besser auf den Markt ausgerichtet sein, da die Landwirte die Wahl haben werden, das zu erzeugen, was die Verbraucher wirklich wollen und nicht mehr das, was ihnen die Beihilfen diktieren‘, erklärte Franz Fischler, EU-Kommissar für Landwirtschaft, ländliche Entwicklung und Fischerei.
Die Auswirkungen der Reformvorschläge lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Landwirtschaftliche Einkommen
Die landwirtschaftlichen Einkommen in der EU-15 werden gegenüber 2001 voraussichtlich (real und je Arbeitseinheit) um 8,5 Prozent steigen. Die Auswirkungen der GAP-Reformvorschläge auf die Einkommen im Agrarsektor wären sehr geringfügig. Die landwirtschaftlichen Einkommen wären, gemessen an den Prognosen der Agenda 2000 für 2009, (-0,1 Prozent) relativ stabil.
Die GAP-Reformvorschläge würden sich auf die verschiedenen Erzeugnisse unterschiedlich auswirken. Im Jahre 2009 und gemessen an den Prognosen der Agenda 2000 wären die Gesamteinnahmen (d.h. Markteinnahmen und Direktbeihilfen) im Getreidesektor weitgehend stabil, während sie im Sektor Schaf-, Schweine- und Geflügelfleisch deutlich zunehmen würden (zwischen 2 Prozent und 3 Prozent), da die Preiserhöhungen bei Fleisch die kombinierte Wirkung des Rückgangs der Produktion und der Verringerung der Direktbeihilfen (‚Degression‘) mehr als ausgleichen dürften. Im Sektor Milch und Ölsaaten (für die Lebensmittelherstellung) wird von einem Rückgang der Gesamteinnahmen um rund 5 Prozent bzw. 11 Prozent ausgegangen.
Die GAP-Reform würde den neuen Mitgliedstaaten den sich durch die Erweiterung als solche ergebenden Einkommenszuwachs zusichern. 2009 würden die Einnahmen aus dem Markt, gemessen an der Lage in 2002, d.h. vor der Erweiterung, real um 17 Prozent zunehmen. Berücksichtigt man das Anlaufen von Direktzahlungen und Mitteln zugunsten der ländlichen Entwicklung könnte dieser reale Einkommenszuwachs bei 45 Prozent oder sogar darüber liegen. Wie in der EU-15 würde die GAP-Reform, insbesondere die Abkoppelung der Beihilfe, auch in den neuen Mitgliedstaaten zu einer effizienteren Erzeugung führen, da die Landwirte ohne Verlust von Direktzahlungen selber entscheiden könnten, was sie erzeugen wollen.
Nach einem GAP-Reform-Szenario wird für die neuen Mitgliedstaaten nach der Erweiterung ein beträchtlicher Anstieg der Agrareinkommen prognostiziert. Die Erweiterung und die GAP-Reform würden in der EU-25 bis zum Jahre 2004, gemessen am der Lage in 2002, d.h. vor der Erweiterung, eine reale Zunahme der landwirtschaftlichen Einkommen herbeiführen. 2009 würden die Agrareinnahmen trotz niedrigerer Markteinnahmen (3,4 Prozent) die Prognosen der Agenda 2000 um nur 1,3 Prozent unterschreiten. Außerdem könnten die positiven Auswirkungen der Reform der ländlichen Märkte die Einkommenssituation aktiver Landwirte weiter verbessern.
Getreide
Die Anbaufläche von Energiepflanzen dürfte um 0,8 bis 0,9 Millionen Hektar, die zuvor weitgehend mit Getreide bebaut waren, zunehmen, und die freiwillige Flächenstilllegung (d. h. die Aufgabe der Erzeugung) dürfte um 0,7 Millionen Hektar zunehmen, während die mit Ölsaaten für die Lebensmittelerzeugung bebaute Fläche rückläufig sein dürfte. Einem Rückgang der Gesamtgetreideerzeugung der EU-15 um rund 2 Prozent zugunsten des Getreideanbaus würden durch Flächenzuweisungen zugunsten von Energiepflanzen, durch die Zunahme freiwilliger Flächenstillegungen und durch Änderungen der Förderbeträge zugunsten dieses Sektors Grenzen gesetzt.
Roggen, ein Sektor, in dem es derzeit erhebliche Überschüsse gibt, und Hartweizen wären die Getreidearten, die mit einem Rückgang der Anbaufläche um 10 Prozent am stärksten betroffen wären. Das Gleichgewicht der Roggen- und Rindfleischmärkte in der EU-25 dürfte sich deutlich verbessern.
Fleisch
Die Durchführung der Abkoppelungsregelung würde extensivere Erzeugungsmethoden fördern. In der EU-15 würde die Rindfleischerzeugung mittelfristig um 2,7 Prozent zurückgehen, was bis 2009 zu einem Anstieg der Rindfleischerzeugerpreise um etwa 7 Prozent führen dürfte. Dieser Rückgang der Rindfleischproduktion dürfte unweigerlich einen leichten Rückgang der Ausfuhren (um rund 5 Prozent) nach sich ziehen. Höhere Preise für Rind- und Schaffleisch würde die Wettbewerbsfähigkeit von Schweine- und Geflügelfleisch verbessern, so dass diese Sektoren eine gewisse Steigerung bei Erzeugung und Verbrauch erzielen könnten.
Milch
Es wird erwartet, dass die vorgeschlagene Erhöhung der Milchquote eine entsprechende Zunahme der Milcherzeugung in der EU-15 nach sich zieht (2,0 Prozent über den Prognosen der Agenda 2000 für 2009). Der damit einhergehende Anstieg der Fettproduktion und die vorgeschlagene Kürzung des Stützungspreises für Butter dürfte zu einem entsprechenden Rückgang des Marktpreises für Butter (23 Prozent, gemessen an den Prognosen der Agenda 2000 für 2009) führen. Bei geringerem Preisanreiz dürfte die Buttererzeugung mittelfristig zurückgehen. Ein knapperes Angebot und ein steigender Verbrauch innerhalb der Gemeinschaft würden zu einem deutlichen Rückgang der EU-Exporte führen (18 Prozent).
Die geringere Attraktivität des Buttermarktes würde dagegen der Erzeugung von Käse und frischen Milcherzeugnissen zugute kommen, die von sinkenden Milchpreisen profitieren und so eine ständige wachsende Nachfrage decken könnte. Nach dem GAP-Reform-Szenario dürften die Milchpreise in der EU-25 im Jahre 2009, gemessen an den Prognosen der Agenda 2000 für 2009, um 10 Prozent sinken, während der Rückgang in der EU-15 bei 23 Prozent läge.
Die Reform dürfte jedoch den Druck auf den Buttermarkt in der EU-25 deutlich abschwächen und (subventionierte) Ausfuhren im Vergleich zur Lage unter den Bedingungen der Agenda 2000 beträchtlich verringern.
Der vollständige Bericht ist in englischer Sprache im Internet verfügbar.
Links zum Thema EU und Landwirtschaft.