22. Januar 2003

EU-Kommission: Die Agrarreformvorschläge im Detail

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Brüssel (agrar.de) – Die Europäische Kommission hat heute ein Paket von Reformvorschlägen für die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) angenommen. Die Vorschläge der Kommission werden den Landwirten in der EU eine klare politische Perspektive im Rahmen des für die Agrarausgaben bis 2013 festgelegten Finanzrahmens bieten, den die Staats- und Regierungschefs beim Europäischen Rat von Brüssel im Oktober 2002(1) beschlossen haben. Die Reformen werden ferner die europäische Landwirtschaft wettbewerbsfähiger und marktorientierter machen, eine wesentliche Vereinfachung der GAP-Vorschriften bringen, den Erweiterungsprozess erleichtern und außerden einen Beitrag dazu leisten, dass das Landwirtschaftsmodell der GAP sich im Rahmen der WTO besser verteidigen lässt. Die vorgeschlagenen Anpassungen erlauben den Landwirten ein Höchtsmaß an Flexibilität in ihren Produktionsentscheidungen und garantieren ihnen zugleich Einkommensstabilität. Im Zuge der Reform werden umweltschädliche Anreize der gegenwärtigen Politik beseitigt, während nachhaltigere landwirtschaftliche Produktionsweisen noch stärker gefördert werden. Die Reformvorschläge der Kommission sind absolut notwendig, damit die EU in den kommenden Jahren über einen vorhersehbaren und nachhaltigen politischen Rahmen für das europäische Landwirtschaftsmodell verfügt. Und die geplanten Anpassungen werden noch umso dringender durch den vorgegebenen neuen Haushaltsrahmen. Die Reformen werden es der EU ermöglichen, die Einkommensstützung für die Landwirte transparenter und gerechter zu verteilen und ferner den Wünschen unserer Verbraucher wie auch Steuerzahler besser gerecht zu werden. Die heutigen konkreten Vorschläge für Rechtsvorschriften dienen der Umsetzung der von der Kommission im Juli 2002 vorgelegten Mitteilung zum Midterm Review der Agenda 2000.

Franz Fischler, zuständiges Kommissionsmitglied für Landwirtschaft, äußerte sich zu den Vorschlägen wie folgt: ‚Diese Reform hat vor allem ein Ziel: Die Agrarsubventionen sollen sinnvoll eingesetzt werden, im Interesse unserer Landwirte wie auch unserer Verbraucher und Steuerzahler. Wir brauchen Reformmaßnahmen und wir brauchen jetzt Beschlüsse hierüber. Unsere Vorschläge werden den Landwirten eine klare Perspektive für ihre Zukunftsplanung eröffnen. Zudem werden die Landwirte nicht länger gezwungen sein, mit Verlust zu produzieren, um Beihilfen zu erhalten. Stattdessen werden sie die Möglichkeit haben, ein größtmögliches Einkommen auf dem Markt zu erzielen.‘

‚Studien belegen, dass die landwirtschaftlichen Einkommen sich dank den Reformen verbessern werden. Eine abwartende, zögerliche Haltung wäre dagegen für die Interessen der Landwirte schädlich. Sie würde nämlich die Diskrepanz zwischen der Agrarpolitik und den Erwartungen der Gesellschaft noch weiter vergrößern. Die Gesellschaft ist bereit, die Landwirtschaft finanziell zu unterstützen, vorausgesetzt, die Landwirte bieten das, was die Bürger von ihnen erwarten: gesunde Lebensmittel, eine artgerechte Tierhaltung und eine intakte Umwelt. Die Landwirte können auf neue EU-Beihilfen rechnen, die ihnen einerseits helfen werden, anspruchsvolle EU-Normen in den Bereichen Lebensmittelsicherheit, Umwelt und Tierschutz zu erreichen, und mit denen andererseits Qualitätslebensmittel und traditionelle Erzeugnisse gefördert werden. Infolge der Beschlüsse der Staats- und Regierungschefs auf dem Brüsseler Gipfel sind wir gezwungen, durch Kürzung der Direktzahlungen an Großbetriebe Haushaltsmittel einzusparen, um die so frei gewordenen Mittel dann umschichten und zur stärkeren Förderung der ländlichen Entwicklung verwenden können. Dies ist allerdings nur ein erster Schritt, und ich bin fest davon überzeugt, dass die Mitgliedstaaten ihrer beim Brüsseler Gipfel eingegangenen Verpflichtung nachkommen werden, die Fördermittel für die Entwicklung des ländlichen Raums im nächsten Finanzplanungszeitraum weiter aufzustocken. Die neue betriebsbezogene Einheitszahlung als Kernstück der Reform wird nicht zu Verzerrungen des internationalen Handels führen und folglich den Entwicklungsländern nicht schaden. Hierdurch wird die EU ein maximales Verhandlungskapital im Rahmen der WTO besitzen und somit gerüstet sein, um das europäische Landwirtschaftsmodell erfolgreich zu verteidigen.‘

Die Hauptelemente der Reformvorschläge lassen sich in aller Kürze wie folgt auflisten:

– Produktionsunabhängige betriebsbezogene Einheitszahlung (‚Entkopplung‘);

– Verknüpfung dieser Zahlung mit der Einhaltung von Standards in den Bereichen Umwelt, Lebensmittelsicherheit, Tiergesundheit und Tierschutz sowie Arbeitssicherheit und darüber hinaus mit der Verpflichtung, alle Landwirtschaftsflächen des Betriebs in gutem agronomischem Zustand zu erhalten (‚Querschnittsaufgaben‘);

– verstärkte Politik zur Entwicklung des ländlichen Raums durch Bereitstellung von mehr Fördermitteln, durch neue Maßnahmen zur Förderung von Qualitätserzeugung und Tierschutz und durch Unterstützung der Landwirte in ihren Bemühungen, bei ihrer Produktionsweise anspruchsvolle EU-Standards zu erreichen;

– Kürzung der Direktzahlungen an Großbetriebe, um Zusatzmittel für die ländliche Entwicklung frei zu machen und mit den hiervon verbleibenden Mitteln weitere Reformen finanzieren zu können (‚Degression/Modulation‘);

– Anpassungen der Marktstützungspolitik im Rahmen der GAP. Hierzu gehören insbesondere:

– eine abschließende 5%-ige Senkung der Interventionspreise für Getreide, teilweise ausgeglichen durch höhere Direktzahlungen für die Erzeuger von Kulturpflanzen,

– eine beschleunigte und umfassendere Reform der Milchmarktorganisation mit differenzierten Preissenkungen für Butter und Magermilchpulver und der Beibehaltung des Milchquotensystems bis zum Wirtschaftsjahr 2014/15,

– Reformen in den Sektoren Reis, Hartweizen, Schalenfrüchte, Kartoffelstärke und Trockenfutter.

Weitere Informationen zu den Reformvorschlägen der Kommission sind im Internet zu finden.

Die Reformvorschläge im Einzelnen

Betriebsbezogene Einheitszahlung zur Förderung einer in höherem Maße marktorientierten und nachhaltigen Landwirtschaft

Eine betriebsbezogene Einheitszahlung wird künftig die meisten Beihilfen im Rahmen der verschiedenen gemeinsamen Marktorganisationen ersetzen. Damit die Einheitszahlung vor allem in verwaltungstechnischer Hinsicht maximalen Nutzen bringt, deckt sie möglichst viele Sektoren ab. Die Landwirte werden die Einheitszahlung auf der Grundlage eines Referenzbetrags erhalten, der sich auf die im Referenzzeitraum 2000 bis 2002 bezogenen Zahlungen für Kulturpflanzen, Rinder (einschließlich POSEI-Versorgungsregelung und entsprechende Bestimmungen für die Ägäischen Inseln), Milch und Milcherzeugnisse, Schafe und Ziegen, Stärkekartoffeln, Körnerleguminosen, Reis, Saatgut und Trockenfutter stützt.

Die betriebsbezogene Einheitszahlung wird zur Erleichterung der Übertragbarkeit in Zahlungsansprüche aufgeteilt. Der einzelne Anspruch ergibt sich aus dem Referenzbetrag, dividiert durch die Anzahl Hektar (einschließlich Futterfläche), die in den Referenzjahren zu diesem Betrag geführt hat. Ansprüche können mit oder ohne Land auf andere Landwirte im gleichen Mitgliedstaat übertragen werden. Die Mitgliedstaaten können auch festlegen, dass die Übertragung auf die Regionsebene beschränkt ist. Außerdem wird es den Mitgliedstaaten freistehen, Ansprüche anhand regionaler Durchschnittswerte anzupassen.

Damit die produktionsentkoppelte Einheitszahlung nicht zur Aufgabe von Landwirtschaftsflächen führt, hat die Kommission klargestellt, dass die Landwirte als Teil der neuen Querschnittsaufgaben strenge Bewirtschaftungsauflagen erfüllen müssen. Da die Entkopplung andererseits größere Freiheit bei den Produktionsentscheidungen ermöglicht, wird sich die Einkommenslage vieler Landwirte in benachteiligten Gebieten der EU verbessern.

Verschärfung der Standards in den Bereichen Umwelt, Lebensmittelsicherheit, Tiergesundheit und Tierschutz sowie Arbeitssicherheit

Als notwendige Ergänzung zur Produktionsentkopplung wird die Verpflichtung für die Empfänger von Direktzahlungen eingeführt, ihre gesamten Landwirtschaftsflächen in gutem agronomischem Zustand zu halten, damit es nicht zur völligen Brachlegung und den dadurch bedingten Umweltproblemen kommt.

Die obligatorischen Querschnittsaufgaben bestehen ferner in der Einhaltung der in den EU-Rechtsvorschriften verankerten anspruchsvollen Standards in den Bereichen Umwelt, Lebensmittelsicherheit, Tiergesundheit und Tierschutz sowie betriebliche Arbeitssicherheit. Landwirte, die z.B. verbotene Wachstumsförderer einsetzen oder den Boden verseuchen, unterliegen Sanktionen. Die Strafe besteht je nach Schwere des Verstoßes in einer Kürzung der Beihilfe von 10% bis 100%, also bis zu deren völliger Streichung.

Verstärkte Förderung der ländlichen Entwicklung

Die Kommission schlägt vor, den Umfang der bereitgestellten Fördermittel zur Entwicklung des ländlichen Raums in der EU aufzustocken (siehe unten) und den Anwendungsbereich dieser Gemeinschaftspolitik durch Einführung neuer Maßnahmen zu erweitern. Diese Ergänzungen werden in das bestehende Maßnahmenangebot eingefügt, ohne jedoch Änderungen an den grundlegenden Durchführungsregeln für die Förderung der ländlichen Entwicklung vorzunehmen, denn dies würde die Kommission in der Mitte der laufenden Programmplanungsperiode 2000-2006 nicht für zweckdienlich halten. Alle neuen Fördermaßnahmen sind hauptsächlich für die Landwirte bestimmt.

Die Mitgliedstaaten und Regionen werden entscheiden, ob sie diese Maßnahmen in ihre Programme zur Entwicklung des ländlichen Raums aufnehmen wollen. Dabei geht es um folgende Maßnahmen:

Neue Qualitätsanreize für die Landwirte

Gewährung einer Beihilfe als Anreiz für Landwirte, die an Programmen zur Hebung der Qualität landwirtschaftlicher Erzeugnisse und zur Verbesserung ihrer Produktionsverfahren teilnehmen und den Verbrauchern in dieser Beziehung Sicherheiten bieten. Diese Beihilfe wird alljährlich für einen Zeitraum von höchstens fünf Jahren und bis zu einer Obergrenze von 1 500 EUR je Betrieb und Jahr gewährt.

Finanzielle Unterstützung von Erzeugervereinigungen bei der Verbraucherinformation über und der Werbung für Erzeugnisse, die im Rahmen der oben genannten Qualitätsprogramme produziert werden. Die Förderung der öffentlichen Hand kann bis zu 70% der Kosten der förderfähigen Projekte betragen.

Neue Beihilfen für die Landwirte zur Erreichung von Standards

Gewährung einer befristeten und degressiven Beihilfe, damit die Landwirte ihre Betriebe an neu eingeführte anspruchsvolle Standards auf der Grundlage der EU-Rechtsvorschriften über Umweltschutz, Gesundheit von Mensch, Tier und Pflanzen, Tierschutz und Arbeitssicherheit leichter anpassen können. Hier wird eine pauschale und degressive Beihilfe für einen Zeitraum von höchstens fünf Jahren gewährt und es wird eine Obergrenze von 10.000 Euro je Betrieb und Jahr gelten. Die Beihilfe wird jedoch nicht gezahlt, wenn es sich lediglich um die bisherige Nichteinhaltung durch den Landwirt von bereits im nationalen Recht vorgesehenen Standards handelt.

Finanzielle Unterstützung für Landwirte in Form eines Beitrags zu den Kosten, die bei der Inanspruchnahme von Betriebsberatungsdiensten anfallen. Die öffentliche Hand kann die Kosten, die den Landwirten bei der erstmaligen Inanspruchnahme der Dienste entstehen, bis zu einem Höchstsatz von 95 Prozent und einer Obergrenze von 1.500 Euro vergüten.

Übernahme der Kosten für einen verbesserten Tierschutz

Beihilfe für Landwirte, die sich für mindestens fünf Jahre verpflichten, in ihrem Betrieb den Tierschutz über die Mindestanforderungen guter Tierhaltungspraxis hinaus zu verbessern. Die Unterstützung wird jährlich gewährt und ihr Betrag richtet sich bei einer Obergrenze von 500 Euro je Vieheinheit und Jahr nach den durch diese Verpflichtungen bedingten Zusatzkosten und Einkommenseinbußen.

Kürzung der Direktzahlungen für landwirtschaftliche Großbetriebe ab 2007

Wegen der vom Europäischen Rat in Brüssel festgesetzten Obergrenze für die Agrarmarktausgaben kann der geplante Mechanismus zur Mittelumschichtung zwischen den Haushaltslinien nicht vor Beginn der nächsten finanziellen Vorausschau ab 2007 zur Anwendung kommen. Die Kommission schlägt daher ab Beginn der nächsten finanziellen Vorausschau die Einführung einer obligatorischen Modulationsregelung zur Finanzierung der Mittelumschichtung nach der ländlichen Entwicklung als zweiter Säule der GAP sowie zur Deckung des weiteren Finanzierungsbedarfs neuer Agrarmarktreformen vor. Die Mehrzahl der Landwirte, die EU-Beihilfen im Gesamtumfang bis zu 5.000 Euro erhalten, sind allerdings von der Modulation ausgenommen. Hierdurch wird auch das derzeitige Ungleichgewicht korrigiert, dem zufolge 80 Prozent der GAP-Mittel nur 20 Prozent der Agrarbetriebe zugute kommen.

Bis 2007 ist es den Mitgliedstaaten freigestellt, im Wege einer fakultativen Modulation aus den Direktzahlungen stammende Mittel für Zwecke der ländlichen Entwicklung umzuschichten.

Mit der vorgeschlagenen Modulationsregelung wird das Prinzip von Einbehaltungen eingeführt, deren Höhe nach dem Gesamtbetrag der erhaltenen Direktzahlungen gestaffelt ist. Damit soll sichergestellt werden, dass die Kürzungen der Direktzahlungen ausgewogen und leicht anwendbar sind. Die je Landwirt und Haushaltsjahr gewährten Zahlungen werden dann in Jahren ab 2007 folgendermaßen stufenweise gekürzt:

Haushaltsjahr 2007; 2008; 2009; 2010; 2011; 2012; 2013 1 € bis 5.000 €; 0%; 0%; 0%; 0%; 0%; 0%; 0% 5.001 € bis 50.000 €; 1%; 3%; 7,5%; 9%; 10,5%; 12%; 12,5% Über 50.000 €; 1%; 4%; 12%; 14%; 16%; 18%; 19%

Im Rahmen der obigen Degression geht von den durch Kürzung eingesparten Mitteln ein Prozentsatz, der von 1 Prozent im Jahre 2007 auf 6 Prozent im Jahre 2011 zunehmen wird, an die Mitgliedstaaten als zusätzliche Gemeinschaftsförderung für Maßnahmen in ihren Programmen zur Entwicklung des ländlichen Raums. Auf diese Weise werden für die ländliche Entwicklung Zusatzmittel frei, die in 2007 bereits 228 Mio. Euro betragen und im Laufe der Jahre auf 1,48 Mrd. Euro in 2012 ansteigen werden. Diese Mittel werden unter den Mitgliedstaaten nach folgenden Kriterien aufgeteilt:

– Landwirtschaftliche Nutzfläche,

– Beschäftigte in der Landwirtschaft,

– Pro-Kopf-BIP in Kaufkraftstandards (KKS).

Das verbleibende Mittelaufkommen dient zur Deckung des Finanzierungsbedarfs für neue Agrarmarktreformen. So werden im Laufe des Jahres 2003 Reformvorschläge für die Sektoren Zucker, Olivenöl, Baumwolle und Tabak sowie möglicherweise auch für Obst und Gemüse und für Wein folgen.

In den neuen Mitgliedstaaten finden Degression und Modulation erst dann Anwendung, wenn die Direktzahlungen im Zuge ihrer dortigen Einführung das normale EU-weite Niveau erreicht haben.

Neues Betriebsberatungssystem

Die Inanspruchnahme des Betriebsberatungssystems wird als Teil der zu erfüllenden Querschnittsaufgaben obligatorisch sein. Diese Pflicht wird zunächst auf Erzeuger begrenzt, die mehr als 15.000 Euro im Jahr in Form von Direktzahlungen erhalten oder einen Umsatz von mehr als 100.000 Euro im Jahr verzeichnen. Die anderen Landwirte können auf freiwilliger Basis an der Regelung teilnehmen. Die Betriebsberatungsdienste werden den Landwirten durch Beantwortung ihrer Fragen bewusst machen, wie Standards und gute fachliche Praxis konkret im Produktionsprozess anzuwenden sind. Die Betriebsaudits bestehen dabei in strukturierten regelmäßigen Bestandsaufnahmen und Prüfungen der Materialbewegungen und Prozesse auf Betriebsebene, die für einen bestimmten Zielbereich (Umwelt, Lebensmittelsicherheit, Tierschutz) als relevant eingestuft sind. Die Beihilfe als Kostenbeitrag zu den Betriebsaudits wird im Rahmen der Maßnahmen zur Förderung der ländlichen Entwicklung gewährt.

Langfristige Flächenstilllegungen aus Umweltgründen

Erzeuger, die gegenwärtig der Verpflichtung zur Flächenstilllegung unterliegen, sind als Bedingung für die Gewährung der betriebsbezogenen Einheitszahlung auch weiterhin verpflichtet, eine Fläche von 10% ihrer derzeitigen Getreide-, Ölsaaten und Eiweißpflanzenanbauflächen unbebaut zu lassen. Der ökologische Landbau ist von dieser Stilllegungsverpflichtung ausgenommen. Die Fläche ist dauerhaft ohne Rotation stillzulegen und darf nicht für landwirtschaftliche Zwecke und die kommerzielle Erzeugung von Kulturpflanzen genutzt werden. Die Mitgliedstaaten können jedoch dort, wo dies aus Umweltgründen geboten erscheint, die Rotationsbrache zulassen. Bei Übertragung des Grundbesitzes bleibt die einschlägige Fläche stillgelegt.

Förderung des Anbaus von Energiepflanzen – CO2-Kredit

Die Kommission schlägt eine Beihilfe von 45 Euro/ha für Energiepflanzen bei einer EU-weiten garantierten Höchstfläche von 1.500.000 ha vor. Die Beihilfe wird nur für Flächen gewährt, deren Erzeugung Gegenstand eines Anbauvertrags zwischen Landwirt und Verarbeitungsindustrie ist, außer wenn der Landwirt selbst die Verarbeitung im eigenen Betrieb vornimmt. Innerhalb von fünf Jahren nach Inkrafttreten der Energiepflanzenregelung wird die Kommission dem Rat einen Umsetzungsbericht mit etwaigen Änderungsvorschlägen vorlegen.

Stabilisierung der Märkte und Verbesserung der gemeinsamen Marktorganisationen

Kulturpflanzen

Getreide

Vorgeschlagen wird eine abschließende Kürzung um 5%, um den Interventionspreis für Getreide ab dem Wirtschaftsjahr 2004/05 auf 95,35 Euro/t herunterzufahren und hierdurch zu gewährleisten, dass die Intervention wirklich nur noch als Sicherheitsnetz dient. Damit die Interventionsbestände nicht weiter anwachsen, wird Roggen von der Interventionsregelung ausgeschlossen.

Da die Intervention somit an Bedeutung verliert, ist eine saisonale Anpassung der Interventionspreise künftig nicht mehr gerechtfertigt. Es wird daher vorgeschlagen, die Regelung der monatlichen Zuschläge abzuschaffen. Produktionserstattungen für Stärke und bestimmte daraus gewonnene Erzeugnisse werden nicht mehr gewährt.

Aufgrund der Kürzung des Interventionspreises für Getreide werden die Flächenzahlungen für Getreide und andere einschlägige Kulturpflanzen von 63 Euro/t auf 66 Euro/t angehoben. Diese Zahlungen werden in die betriebsbezogene Einheitszahlung einberechnet.

Eiweißpflanzen

Der derzeitige Zuschlag für Eiweißpflanzen (9,5 Euro/t) wird beibehalten und in eine kulturspezifische Flächenzahlung von 55,57 Euro/ha umgewandelt. Diese wird im Rahmen der neuen garantierten Höchstfläche von 1,4 Mio. ha gewährt.

Hartweizen

Der Zuschlag für Hartweizen in traditionellen Anbaugebieten wird von 344,5 Euro/ha auf 250 Euro/ha gesenkt und in die betriebsbezogene Einheitszahlung einberechnet. Die Sonderbeihilfe von gegenwärtig 139,5 Euro/ha für andere Regionen, in denen der Hartweizenanbau gefördert wird, läuft aus. Dieser Prozess wird 2004 beginnen und drei Jahre dauern.

Ferner wird eine neue Prämie zur Steigerung der Qualität von Hartweizen für die Erzeugung von Hartweizengrieß und Teigwaren eingeführt. Diese Prämie wird in den traditionellen Anbaugebieten an Landwirte gewährt, die eine bestimmte Menge zertifiziertes Saatgut ausgewählter Sorten verwenden, d.h. von Sorten, die den Qualitätsanforderungen für die Hartweizengrieß- und Teigwarenerzeugung genügen. Die Prämie beträgt 40 Euro/ha und wird im Rahmen der garantierten Höchstflächen gewährt, die gegenwärtig in den traditionellen Anbaugebieten gelten.

Stärkekartoffeln

Im Rahmen der gegenwärtigen Stützungsregelung wird Erzeugern von Stärkekartoffeln eine Direktzahlung gewährt, deren Höhe im Rahmen der Agenda 2000 auf 110,54 Euro/t Stärke festsetzt wurde. Auf der Grundlage der historischen Lieferungen an die Stärkeindustrie werden 50 Prozent dieser Zahlung in die betriebsbezogene Einheitszahlung einberechnet, während die andere Hälfte als kulturspezifische Zahlung für Stärkekartoffeln beibehalten wird. Die Mindestpreisregelung wird abgeschafft.

Trockenfutter

Die Trockenfutterbeihilfen werden zwischen den Futtererzeugern und der Verarbeitungsindustrie neu verteilt. Die Direktbeihilfen an die Erzeuger werden auf der Grundlage ihrer historischen Lieferungen an die Industrie in die betriebsbezogene Einheitszahlung einberechnet. Zur Berücksichtigung der derzeitigen nationalen Garantiemengen werden Obergrenzen für die einzelnen Mitgliedstaaten angewendet.

Während einer 4-jährigen Übergangszeit wird eine vereinfachte einzige Stützungsregelung für die Industrie von künstlich getrocknetem wie auch sonnengetrocknetem Futter mit einer degressiven Beihilfe gelten, deren Ausgangsbetrag sich für das Wirtschaftsjahr 2004/05 zunächst auf 33 Euro/t beläuft. Die beiden nationalen Garantiemengen werden zusammengefasst.

Saatgut

Mit der Verordnung (EG) Nr. 2358/71 wurde eine Beihilfe für die Erzeugung ausgewählter Saatgutsorten eingeführt. Die derzeit je Tonne erzeugten Saatguts gewährte Beihilfe wird in die betriebsbezogene Einheitszahlung einberechnet. Der hierin einzubeziehende Betrag wird ermittelt, indem die Anzahl Tonnen, für die eine Beihilfezahlung gewährt wurde, mit dem gemäß Artikel 3 der oben genannten Verordnung festgesetzten Beihilfebetrag multipliziert wird.

Reis

Zur Stabilisierung des beeinträchtigten Marktgleichgewichts hauptsächlich durch die Auswirkungen der Initiative ‚Alles außer Waffen‘ schlägt die Kommission vor, den Interventionspreis in einem einzigen Schritt um 50 Prozent auf einen den Weltmarktpreisen entsprechenden realen Stützungspreis von 150 Euro/t zu senken. Um andererseits die Erzeugereinkommen zu stabilisieren, wird die gegenwärtige Direktbeihilfe von 52 Euro/t auf 177 Euro/t aufgestockt, d.h. um einen Wert, der den gesamten Ausgleichszahlungen für Getreide im Laufe der GAP-Reformen von 1992 und der Agenda 2000 entspricht. Von diesem Betrag werden 102 Euro/t in die betriebsbezogene Einkommenszahlung einberechnet, und zwar auf der Grundlage historischer Ansprüche begrenzt durch die derzeitige garantierte Höchstfläche. Die restlichen 75 Euro/t, multipliziert mit dem bei der Reform von 1995 festgelegten Referenzertrag, werden als kulturspezifische Beihilfe gezahlt. Als garantierte Höchstfläche (GHF) wird dabei der Durchschnitt der Jahre 1999-2001 oder aber die derzeitige GHF zugrunde gelegt, je nachdem, welche Fläche kleiner ist. Für die private Lagerhaltung wird eine Regelung eingeführt, die zum Zuge kommt, wenn der Marktpreis unter die Schwelle des realen Stützungspreises sinkt. Zusätzliche Maßnahmen werden ergriffen, sobald die Marktpreise unter den Betrag von 120 Euro/t fallen.

Schalenfrüchte

Die jetzige Stützungsregelung wird durch eine jährliche Pauschalzahlung von 100 Euro/ha ersetzt, die für eine garantierte Höchstfläche von 800.000 ha, unterteilt in nationale Garantieflächen, gewährt wird. Die Mitgliedstaaten können diese Zahlung auf höchstens 109 Euro/ha jährlich aufstocken.

Milch und Milcherzeugnisse

Um den Milcherzeugern eine dauerhafte Perspektive zu bieten, schlägt die Kommission die Verlängerung einer reformierten Milchquotenregelung bis zum Wirtschaftsjahr 2014/15 vor.

Der Europäische Rat von Berlin hat im März 1999 beschlossen, das Inkrafttreten der Reform des Milchsektors aus haushaltstechnischen Gründen aufzuschieben. Da inzwischen im Rahmen der derzeitigen finanziellen Vorausschau unvorhergesehene Haushaltsmittel zur Verfügung stehen, plädiert die Kommission nachdrücklich dafür, die in Berlin vereinbarte Reform des Sektors um ein Jahr vorzuziehen, um die Ziele und Vorteile der Reform so rasch wie möglich zu verwirklichen. Ferner ist es notwendig, den Stützungspreis für Milch weiter zu senken und im Gegenzug eine jährliche Quotenaufstockung um 1% in den Jahren 2007 und 2008 auf der Grundlage der Referenzmengen nach voller Umsetzung der Agenda 2000 vorzunehmen. Die ursprünglich geplante einheitliche Preissenkung um 5 Prozent/Jahr sollte durch asymmetrische Kürzungen des Interventionspreises ersetzt werden, und zwar um 3,5 Prozent/Jahr bei Magermilchpulver und um 7 Prozent/Jahr bei Butter über einen Zeitraum von 5 Jahren. Insgesamt entspricht diese Preissenkung für Butter um 35 Prozent und für Magermilchpilver um 17,5 Prozent einer Gesamtverringerung der Richtpreise für Milch um 28 Prozent in 5 Jahren. Die Interventionskäufe von Butter sollen bei Überschreitung einer Höchstmenge von 30.000 Tonnen/Jahr ausgesetzt werden, und es wird vorgeschlagen, die über diese Menge hinausgehenden Butterankäufe im Rahmen eines Ausschreibungsverfahrens durchzuführen.

Direktzahlungen nach derselben Berechnungsmethode wie in der Agenda 2000 werden in den Jahren 2007 und 2008 einen zusätzlichen Ausgleich schaffen. Alle für den Milchsektor gewährten Zahlungen werden in die betriebsbezogene Einheitszahlung einberechnet.

(1)Mit dieser Vereinbarung wird eine Ausgabenobergrenze für die Marktstützung und die Direktbeihilfen nach der EU-Erweiterung gezogen, wobei die Ausgabensteigerungen unter der Inflationsrate bleiben sollen. Die Vereinbarung betont ferner die Notwendigkeit der Förderung der benachteiligten Regionen und die multifunktionale Rolle der Landwirtschaft und bestätigt damit die wachsende Bedeutung der zweiten Säule der GAP.

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