31. Oktober 2002

BfN: Nicht alle fremden Arten sind unbedenklich

Themen: Archiv — info @ 14:10

Über tausend fremde Tierarten in Deutschland gelistet

Bonn (agrar.de) – Mit der Globalisierung von Verkehr und Handel werden natürliche Ausbreitungsbarrieren wie Flüsse, Berge und Meere leichter überbrückt. Fremde Tierarten – sogenannte Neozoen – tauchen dadurch in Gebieten und Ökosystemen auf, in die sie durch natürliche Ausbreitung gar nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen gelangt wären. Damit finden sich in Deutschland Neozoen, die ökologische, ökonomische oder gesundheitliche Schäden anrichten können. Das geht aus einer Studie hervor, die im Auftrag des Umweltbundesamtes (UBA) vom Institut für Biodiversitätsforschung der Universität Rostock erstellt wurde.

Wie viele Arten genau bei uns bislang beabsichtigt eingeführt oder unbeabsichtigt als ‚blinde Passagiere‘ in Waren, Verpackungen oder anhaftend an Verkehrsmitteln einwanderten, ist nicht bekannt. Die Forscher legten aber erstmals eine Liste mit über 1.000 bislang festgestellten fremden Tierarten in Deutschland vor. Es zeigt sich: Die Zahl der eingeführten Arten ist beträchtlich. Deshalb appellieren UBA und Bundesamt für Naturschutz (BfN) an alle Bürgerinnen und Bürger: Verzichten Sie darauf, fremde Arten aus dem Urlaub mitzubringen, Exoten in die Natur zu entlassen oder auch gebietsfremde invasive Arten im Garten anzusiedeln.

Von den derzeit über 1.000 bekannten fremden Tierarten in Deutschland sind etwa 250 sogenannte ‚etablierte Neozoen‘. Dabei handelt es sich um Arten, die bei uns heimisch geworden sind, aber nicht zur ursprünglichen (autochthonen) Fauna gerechnet werden. Von diesen wiederum werden einige als ‚invasive‘, sich schnell verbreitende und ökologisch, ökonomisch oder gesundheitlich bedenkliche Arten, bezeichnet. Nicht jede gebietsfremde Art ist ‚invasiv‘. Viele Arten werden eingeschleppt, verschwinden bald nach ihrem Auftreten oder fügen sich in das Ökosystem ein. Andere jedoch gefährden durch Lebensraumveränderungen, Verdrängen heimischer Arten, oder auch durch Hybridisierungen und Einkreuzen fremden genetischen Materials die heimische Natur.

Der Ochsenfrosch (Rana catesbeiana) gehört zum Beispiel zu den möglicherweise kritischen Neozoen. Bisher ist er in Deutschland noch nicht zu einem gravierenden Problem geworden, doch seine weitere Ausbreitung ist zu befürchten. Breitet er sich rasch aus und siedelt sich hier an, frisst er heimische Amphibien und richtet damit ökologische Schäden von noch nicht bekanntem Ausmaß an. Die ökonomischen Folgen von biologischen Invasionen sind besonders schwierig zu schätzen und werden derzeit vom UBA ermittelt.

Neben den fremden Tierarten breiten sich auch gebietsfremde Pflanzenarten (Neophyten) aus. Untersuchungen des Bundesamtes für Naturschutz ergaben knapp 1000 Höhere Pflanzenarten. Doch noch immer sind nicht alle gebietsfremden Arten erfasst.

Wann eine Art invasiv wird, ist jedoch nicht vorhersehbar. Viele Arten gliedern sich über lange Zeit scheinbar in ihr neues Ökosystem ein, um sich dann innerhalb kürzester Zeit stark auszu-breiten. Daher ist die Vorsorge der beste Schutz vor potenziellen Schäden. Dieses Vorsorgeprinzip schreibt auch § 41 Abs. 2 des Bundesnaturschutzgesetzes in Anlehnung an Artikel 8 h des Übereinkommens über die biologische Vielfalt (CBD) vor.

Für die Zukunft steht damit fest: Von staatlicher Seite besteht hier weiterer Handlungsbedarf. Es müssen zum Beispiel verbesserte Regelungen bei der Einfuhr von gebietsfremden Arten geschaffen werden. Über eine Novelle der Bundesartenschutzverordnung, die Besitz- und Vermarktungsverbote für weitere gebietsfremde Arten festlegt, sowie durch neue EG-rechtliche Instrumente, wäre das zu verwirklichen.

Die Veröffentlichung ‚Bestandsaufnahme und Bewertung von Neozoen in Deutschland‘ ist in der Reihe TEXTE des Umweltbundesamtes als Nr. 25/02 erschienen, umfasst 262 Seiten und kostet 10 Euro. Sie ist erhältlich bei Werbung und Vertrieb, Ahornstraße 1 – 2, 10787 Berlin, Tel.: 030-2116061, Fax: 2181379. Eine Bestellung ist auch über das Internet möglich.

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