03. Juli 2002

EP fordert umfassende GVO-Kennzeichnung

Themen: Archiv — info @ 10:07

Straßburg (agrar.de) – Das Europäische Parlament hat sich heute in Straßburg für eine umfassende Kennzeichnung von genveränderten Bestandteilen (GVO) in Lebensmitteln und Futtermitteln ausgesprochen.

Das Parlament sprach sich unter anderem für folgende Punkte aus:

– Vollständige Kennzeichnung von gentechnisch veränderten Organismen und allen Produkten, die daraus hergestellt werden. Auf Verpackungen und Werbematerialen muss ein eindeutiger Hinweis auf die Verwendung gentechnisch veränderter Pflanzen stehen. Bisher mussten Lebensmittel nur dann gekennzeichnet werden, wenn die gentechnische Veränderung im Endprodukt nachweisbar war. Zusätzlich müssen in Zukunft auch alle Produkte gekennzeichnet werden, deren Zutaten z.B. aus Gen-Soja oder Gen- Mais hergestellt wurde. So müßte Margarine, die Soja-Öl enthält, zukünftig gekennzeichnet werden, auch wenn die Genveränderung der Soja in der Margarine nicht mehr nachweisbar ist.

– Ein niedriger Schwellenwert für ungewollte Kontamination mit Gentechnik in Lebensmitteln. Die Abgeordneten treten für einen Schwellenwert von 0,5 Prozent für das zufällige oder technisch nicht vermeidbare Vorhandensein von in der Gemeinschaft zugelassenen GVO ein. Dieser Schwellenwert soll jedoch in dem Maße weiter gesenkt werden, wie der Stand von Wissenschaft und Technik dies erlaubt. Bisher mussten Lebensmittel erst ab 1 Prozent gekennzeichnet werden.

– Falls Lebensmittel mit genveränderten Organismen verunreinigt werden, die von der EU nicht genehmigt wurden, muss das Produkt vom Markt genommen werden.

– Ausweitung der Kennzeichnungspflicht auch auf den Bereich der Futtermittel. Futtermittel mussten bisher überhaupt nicht gekennzeichnet werden.

Über die Entscheidung des Europäischen Parlamentes muss jetzt im Ministerrat abgestimmt werden. Danach geht die Gesetzesvorlage zur endgültigen Abstimmung zurück ans Parlament.

Verbraucherschutzministerin Renate Künast äußerte sich zufrieden über die vom Parlament beschlossene Änderung. «Ich begrüße es, dass das Parlament in Richtung so niedrig wie möglich votiert hat», erklärte sie in Berlin. Es bleibe jetzt abzuwarten, wie die Diskussion unter den Mitgliedstaaten im Ministerrat verlaufen werde.

Die rheinland-pfälzische Europaabgeordnete Christa Klaß (CDU) forderte in ihrer Rede im Plenum, dass das EP die Praktizierbarkeit und Durchführbarkeit von Verordnungen bei allem, was es verlange, im Auge behalten müsse.

‚Innerhalb der EU wurden bereits eine Reihe genetisch veränderter Organismen einer Bewertung durch die Wissenschaftlichen Ausschüsse unterzogen und dabei wurde festgestellt, dass diese Stoffe keine Gefahr für Gesundheit und Umwelt darstellen,‘ so Christa Klaß. Dennoch sei Information die Voraussetzung zur besseren Akzeptanz bei der Anwendung der Gentechnik im Nahrungsmittelsektor. ‚Es stellt sich besonders die Frage, ob eine zufällige Kontaminierung in sehr geringem Maße überhaupt vermeidbar ist. Die Realität zeigt doch, dass die ‚Null-Toleranz‘ fast nie garantiert werden kann‘, stellte Christa Klaß fest.

Der Forderung, alle Fleischprodukte, Eier und Milch von Tieren zu etikettieren, die mit GVO oder mit Nahrungsmitteln mit GVO-Anteilen gefüttert worden sind, erteilte Christa Klaß eine klare Absage: ‚Wenn das Endprodukt weder DNA noch genetisch verändertes Protein enthält, kann es doch nicht sein, dass trotzdem GVO gekennzeichnet werden müssen. Es kann doch letztlich nur das draufstehen, was auch drin ist.‘

Kein Landwirt, dessen Tiere im Freien auf der Weide sind, könne garantieren, dass diese nicht vom Wind verbreitete GVO zu sich nehmen. Diese Tatsache und geringe Anteile im Futter würden dann in der Konsequenz bedeuten, dass Fleisch generell als GVO gekennzeichnet werden müsse. ‚Das ist für Europas Landwirte ebenso wie für die Verbraucher eine unzumutbare Situation – für die Verbraucher, weil sie nichtssagende Informationen verarbeiten müssen und für die Bauern bedeutet dies technisch unlösbare Probleme, die auch deswegen nicht akzeptabel sind, weil sie selbst für die Einführung und die Verbreitung von GVO nicht verantwortlich sind.‘

Greenpeace-Gentechnikexpertin Imke Ide begrüßte die EP-Entscheidungen: ‚Die Gen-Industrie kann dem Käufer im Supermarkt keine Gentechnik mehr unterschieben. Vorausgesetzt, die verschärften Kennzeichnungs-Regelungen werden tatsächlich Gesetz. Dies wäre ein klarer und weit reichender Sieg für die Verbraucher. Aktuelle Umfrage-Ergebnisse zeigen, dass neun von zehn Verbrauchern eine umfassende Kennzeichnung wollen. Sie wollen nicht länger als Versuchskaninchen für Gentechnik in Lebensmitteln missbraucht werden. Zum ersten Mal soll jetzt ein gesetzlicher Rahmen geschaffen werden, der es Verbrauchern möglich macht, Gen-Food aus Europa zu verbannen. Ein erfreulicher Schritt, dem weitere folgen sollten.‘

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