Brüssel (agrar.de) – ‚Prosciutto di Parma‘, ‚Roquefort‘ oder ‚Bayerisches Bier‘ sind Qualitätserzeugnisse, die ihre Einzigartigkeit dem Gebiet, aus dem sie stammen, und der traditionellen Herstellungsweise verdanken. Die Europäische Kommission hat nun einen Vorschlag vorgelegt, mit dem der Schutz von geografischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel verbessert werden soll. Diesem Vorschlag gemäß werden alle WTO-Mitgliedstaaten das Recht erhalten, gegen die Eintragung solcher geografischen Bezeichnungen Einspruch zu erheben, wodurch eine stärkere Anerkennung auf den internationalen Märkten erreicht wird.
Außerdem schlägt die Kommission vor, Weinessig in das Verzeichnis der Erzeugnisse, für die ein Schutz beantragt werden kann, aufzunehmen und Mineralwasser daraus zu streichen. Der für Landwirtschaft, Fischerei und ländliche Entwicklung zuständige Kommissar Franz Fischler begrüßte den Vorschlag und erklärte: ‚In der EU werden vielerlei Qualitätslebensmittel und Spezialitäten hergestellt. Indem wir die geografischen Bezeichnungen für diese Erzeugnisse besser vor widerrechtlicher Aneignung und unlauterem Wettbewerb schützen, erreichen wir nicht nur, dass die Verbraucher weltweit besser informiert werden, sondern wir ermutigen auch die Erzeuger, die sicher sein können, dass ihren Erzeugnissen die verdiente weltweite Anerkennung zuteil wird.‘
Entsprechend dem Ziel der Kommission, die Anerkennung der Rechte an geistigem Eigentum zu verbessern, werden mit dem Vorschlag die vollständige Umsetzung des TRIPS-Abkommens(1) sowie ein besserer Schutz von geografischen Bezeichnungen angestrebt. Um den Verpflichtungen der Kommission gemäß dem TRIPS-Abkommen Rechnung zu tragen, wird vorgeschlagen, die Verordnung (EWG) Nr. 2018/92 in folgenden Punkten zu ändern:
– Das Recht auf Einspruch gegen eine Eintragung wird auf Staatsangehörige von WTO-Mitgliedstaaten ausgedehnt, die im Gebiet der Gemeinschaft einen Anspruch und berechtigte Interessen geltend machen. Damit erhalten Staatsangehörige von WTO-Mitgliedstaaten dasselbe Recht wie Staatsangehörige der EU-Mitgliedstaaten, gegen die Eintragung eines Erzeugnisses innerhalb von sechs Monaten nach der Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Einspruch zu erheben.
– Über die bloße Konformität mit dem TRIPS-Abkommen hinausgehend, schlägt die Kommission wichtige Änderungen vor, durch die das EU-System von Ursprungsbezeichnungen zu einem Modell für den Rest der Welt werden soll. Dahinter steht der Wunsch, den Schutz von europäischen Qualitätserzeugnissen auch außerhalb der EU zu verbessern. Da die EU auf Nichtmitgliedsländer in diesem Zusammenhang keinen Druck ausüben kann, sollen diese für einen Schutz auf Gegenseitigkeit gewonnen werden. Führt also ein Nichtmitgliedsland ein gleichwertiges System ein, das ein Einspruchsrecht für die EU sowie die Verpflichtung einschließt, EU-Bezeichnungen in seinem Gebiet zu schützen, so würde die EU ein spezifisches Verfahren anbieten, nach dem die Erzeugnisse dieses Landes für den EU-Markt eingetragen werden.
– Bei Interessenkonflikten zwischen geografischen Angaben und Marken würde die in der Verordnung bereits vorgesehene Lösung künftig nicht nur für eingetragene Marken gelten, sondern auch für Marken, die durch Benutzung erworben wurden.
– Die im Falle eins Interessenkonflikts geltenden Bezugszeitpunkte würden ebenfalls angepasst. Um die Gleichbehandlung von Marken und geografischen Angaben sicherzustellen, würde als Bezugszeitpunkt für das Einspruchsrecht der Zeitpunkt der Einreichung des Eintragungsantrags gelten und nicht der Zeitpunkt der Veröffentlichung.
Darüber hinaus werden einige weitere Änderungen vorgeschlagen:
– Der Geltungsbereich der Verordnung würde geändert durch die Aufnahme von Weinessig und die Streichung von Mineral- und Quellwasser. Für Weinessig gab es bislang eine Rechtsschutzlücke, während bei vielen Eintragungsanträgen für Mineral- und Quellwasser Probleme aufgetreten sind (gleichlautende Namen für unterschiedliche Wässer, Fantasienamen oder ungeeignete Namen). Da andere einschlägige Rechtsvorschriften(2) bereits eine ausreichende Regelung für Mineral- und Quellwasser enthalten, wird vorgeschlagen, dieses aus der Verordnung herauszunehmen.
– Gleichlautende Bezeichnungen: Es werden ergänzende Bestimmungen eingeführt, nach denen im Falle gleichlautender Bezeichnungen über die Eintragung entschieden werden soll. Außerdem wird die Schaffung eines Rechtsrahmens vorgeschlagen, mit dem die Weiterverwendung identischer Bezeichnungen, die nicht unter die Verfallung fallen, auf höchstens 15 Jahre begrenzt wird.
– Bei entsprechender Begründung kann die Löschung einer Eintragung aus dem Verzeichnis beantragt werden.
– Das vereinfachte Eintragungsverfahren (Artikel 17) wird abgeschafft, da es kein Einspruchsrecht vorsieht, das aber unerlässlich ist, um bereits erworbene Rechte zu schützen und Benachteiligungen durch die Eintragung zu verhindern. Dieser Vorschlag muss nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments im Agrarrat mit qualifizierter Mehrheit angenommen werden.
Hintergrund
‚Queso Manchego‘, ‚Prosciutto di Parma‘, ‚Roquefort‘ … . Indem das Etikett dem betreffenden Erzeugnis einen einzigartigen Charakter aufgrund des Ursprungsgebiets und der Herstellungsweise bescheinigt, verleiht es ihm auch einen besonderen Mehrwert. Verbreitet sich indessen der besondere Ruf eines Erzeugnisses über die Landesgrenzen hinaus, kann dies dazu führen, dass es in Wettbewerb mit nachgeahmten Erzeugnissen gerät, die denselben Namen führen. Dieser unlautere Wettbewerb ist nicht nur unerfreulich für den Hersteller, sondern auch irreführend für den Verbraucher. Aus diesem Grunde hat die Europäische Union mit der Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 Eintragungssysteme eingeführt, um die Bezeichnungen von Lebensmitteln zu schützen und deren Absatz zu fördern.
Ziel der Verordnung ist es, geografische Nahmen von Erzeugnissen zu schützen, die bestimmte, genau festgelegte Voraussetzungen erfüllen. Sie sieht ein harmonisiertes, gemeinschaftsweites System für den Schutz von Rechten an geistigem Eigentum vor und fällt somit in den Rahmen des TRIPS-Abkommens (1994) und insbesondere von dessen Abschnitt, der den Schutz geografischer Angaben betrifft.
Gegenwärtig sind rund 570 Namen von Käse, Fleisch, Obst, Gemüse und anderen Erzeugnissen als g.U. (geschützte Ursprungsbezeichnung), g.g.A. (geschützte geografische Angabe) oder g.t.S. (garantiert traditionelle Spezialität) eingetragen.
Beispiele:
Belgien: Jambon d‘ Ardenne Irland: Timoleague Brown Pudding Österreich: Vorarlberger Bergkäse Dänemark: Danablu Spanien: Queso Manchego Niederlande: Noordhollandse Gouda Schweden: Svecia Luxemburg: Miel Luxembourgeois de marque nationale Vereinigtes Königreich: Cornish clotted cream Griechenland: Tsakoniki Melintzana Leonidiou Portugal: Citrinos do Algarve Italien: Prosciutto di Parma Frankreich: Roquefort Finnland: Lapin Puikula Deutschland: Bayerisches Bier
Das vollständige Verzeichnis von geschützten Bezeichnungen findet sich im Internet.
(1)Gemäß dem im Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO) geschlossenen Abkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte an geistigem Eigentum (TRIPS) müssen alle WTO-Mitgliedstaaten eine umfassende Reihe von Mindeststandards für den Schutz der Rechte an geistigem Eigentum einhalten. Darüber hinaus sieht das Abkommen auch die Durchsetzung dieser Rechte vor.
(2)Richtlinie 80/777/EWG des Rates vom 15. Juli 1980.
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