11. Mai 2001

Wie denken die europäischen Bürger über die GAP?

Themen: Archiv,MKS — info @ 15:05

Brüssel (agrar.de) – Nicht zuletzt infolge der BSE-Krise und der Maul- und Klauenseuche ist derzeit eine umfassende Debatte über die künftige Ausrichtung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der EU im Gange. Auch steht für das Jahr 2002 die Halbzeitbewertung der letzten GAP-Reform auf dem Programm. Der vorbereitende Dialog hierfür hat bereits begonnen, und die Erwartungen der Verbraucher bilden einen wichtigen Punkt bei diesen Diskussionen.

Um sich ein genaues Bild davon zu machen, wie die GAP von der öffentlichen Meinung gesehen wird, sind im Oktober und November 2000 zwei Eurobarometer-Meinungsumfragen zum einen bei den Landwirten und zum anderen bei der breiten Öffentlichkeit durchgeführt worden. Insgesamt wurden 16.000 Bürger und 3.500 Landwirte telfonisch befragt.

Nach Meinung der Generaldirektion Landwirtschaft lassen die Ergebnisse ein ausgeprägtes Interesse an den aktuellen Fragen der Landwirtschaft und zugleich auch die erhebliche Notwendigkeit von ausführlicherer Information erkennen.

Obwohl die Landwirtschaft für 92 Prozent der breiten Öffentlichkeit ein wichtiges Thema darstellt, ist bisher für nur knapp 50 % die GAP selbst ein Begriff. Die Landwirte ebenso wie die breite Öffentlichkeit wurden sodann nach der Bedeutung von 12 Politikbereichen befragt, darunter Lebensmittelsicherheit, Umweltschutz, Verbesserung der Lebensbedingungen im ländlichen Raum, Sicherung der landwirtschaftlichen Einkommen und Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Landwirtschaft auf den Weltmärkten. Alle diese Ziele werden zwar von einer deutlichen Mehrheit (zwischen 76 Prozent und 97 Prozent) für wichtig gehalten, der Grad der Zufriedenheit mit ihrer Umsetzung schwankt jedoch zwischen 16 Prozent und 57 Prozent. Sowohl die Landwirte als auch die breite Öffentlichkeit sind der Ansicht, dass für die Wahrung der landwirtschaftlichen Einkommen und die Zukunft der Kleinbetriebe nicht hinreichend gesorgt ist.

Die beiden befragten Gruppen stimmen der veränderten Politikausrichtung im Zuge des Reformprozesses zu, durch die die produktionsbezogenen Beihilfen und die Interventionsankäufe verringert und stattdessen die Direktzahlungen an die Landwirte ausgedehnt werden konnten. Dennoch haben 63 Prozent der befragten Landwirte – nur die irischen und die dänischen Bauern machen hier eine deutliche Ausnahme – den Eindruck, dass die gegenwärtige GAP nicht zu ihrem Vorteil ist. Wenn auch lediglich knapp 46 Prozent der Landwirte ihr Familieneinkommen ausschließlich aus der Landwirtschaft beziehen, sind doch 59 Prozent der Landwirte und 46 Prozent der breiten Öffentlichkeit dafür, dass die öffentlichen Haushaltsausgaben für die Landwirtschaft erhöht werden sollten. Die Bandbreite zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten reicht hier von Dänemark, wo der 13 Prozent der Öffentlichkeit diese Meinung vertreten, bis zu Griechenland, wo 76 Prozent mit dem derzeitigen Ausgabenvolumen unzufrieden sind.

Die Meinungsumfrage lässt einen dringenden Bedarf an mehr Information über die internationalen Aspekte der Agrarpolitik deutlich werden. Über mögliche Auswirkungen der anstehenden Erweiterung der Europäischen Union hat die Hälfte der befragten Personen aus beiden Gruppen bereits etwas gehört, doch halten sich nur 20 Prozent der Landwirte und 10 Prozent der breiten Öffentlichkeit in diesem Zusammenhang für gut informiert. Dieser Informationsmangel ist möglicherweise Grund dafür, dass eine Mehrheit in jeder der beiden Gruppen glaubt, dass die Erweiterung negative Folgen für die Europäische Union haben wird. Befragt nach den Handelsgesprächen im Rahmen der Welthandelsorganisation, gaben 65 Prozent der Landwirte und 77 Prozent der breiten Öffentlichkeit zu, dass sie hierüber fast nichts wissen, während sich lediglich ein sehr kleiner Prozentsatz von Personen in jeder Gruppe als gut informiert bezeichnet.

Neben den Fragen zur persönlichen Einstellung gegenüber der GAP hat die Meinungsumfrage auch die benutzten Informationsquellen untersucht. Die meisten Personen (85 Prozent der breiten Öffentlichkeit und 66 Prozent der Landwirte) beziehen ihre Informationen aus dem Fernsehen, was keine Überraschung bedeutet. Allerdings zeigen sich bei den Printmedien gewisse Verhaltensunterschiede zwischen den beiden Gruppen. Die Landwirte informieren sich nämlich aus der landwirtschaftlichen Fachpresse (64 Prozent) im gleichen Umfang wie aus dem Fernsehen, während die breite Öffentlichkeit unter den Printmedien die allgemeinen Tageszeitungen und Zeitschriften (61 Prozent) bevorzugt.

Rund 10 Prozent der Bauern nutzen das Internet als Informationsquelle, jedoch mit erheblichen Abweichungen zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten, denn die Bandbreite reicht hier von 2 Prozent der griechischen bis zu 27 Prozent der österreichischen Landwirte. Über dem Durchschnitt liegt der Wert besonders bei jüngeren Landwirten und bei größeren Betrieben. Bei der breiten Öffentlichkeit gibt es erkennbare Unterschiede je nach Alter, Geschlecht und Bildungsgrad, wobei unter den jungen Männern mit höherem Bildungsniveau der Prozentsatz der Internet-Nutzer doppelt so hoch wie der europäische Durchschnitt zu sein scheint.

In Kürze wird eine weitere Meinungsumfrage stattfinden, um die Auswirkungen der BSE-Krise und der Maul- und Klauenseuche auf die Haltung der europäischen Bürger gegenüber der GAP zu untersuchen. Die Ergebnisse werden voraussichtlich im Laufe des Sommers vorliegen.

Abschlußberichte: Haltungen der breiten Öffentlichkeit zur gemeinsamen Agrarpolitik (GAP), (Abschlußbericht, PDF-Format, französisch), Haltungen von Landwirten zur gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) (%url4%Abschlußbericht%/%, PDF-Format, französisch)




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